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KÜNSTLER DES ZWEITEN
DOM
)ORTALS etc.
seinen frühesten Kunstgenossen häufig wiederholt und das er
dem Niccolo d'Arezz0 entlehnt haben mag, ebenso wie dieser
es mit anderen Bildhauern des 14. Jahrhunderts gemein hat,
wie zumal an den älteren Statuen, die den Dom und Glocken-
thurm schmücken, ersichtlich ist. Die andere Figur befindet
sich in ruhender Stellung, indem sie die eine Hand anmuthig
über den Leib, die andere über die Brust hält. Dies sind neue
pathetische Motive, die jedoch gleichfalls schon an Niccolo von
Arezzds Werken vorkommen. 64
Ein neuer Drang nach Belebung ist in diesen Statuen, neben
einiger Befangenheit, unverkennbar. Zugleich zeigen sie grosse
Verwandtschaft mit Niccolo's Werken, die wir theils schon be-
sprochen, theils noch zu besprechen haben. Ein gewisser deut-
scher spätgothischer Einfluss ist vielleicht in der starkbetonten
Windung des Leibes zu erkennen. Eine besondere charakteri-
stische Eigenthümlichkeit Donatellds, die aber schon hier her-
vortritt, und ebenso sein Studium der Antike, wie eine der
Haupteigenschaften aller Renaissance-Statuen andeutet und be-
zeichnet, ist die Bestimmtheit und Energie, mit welcher diese
Statuen auf ihrem Standbein ruhen und sich in die Hüften
werfen; eine Eigenschaft, die in so vortheilhaftem Gegensaitze
zu der sackartigen Verhüllung der Beine an den Statuen des
14. Jahrhunderts steht. Während hier der conventionelle, mono-
tone Fall der Gewandung den Mangel des richtigen und be-
stimmten Stehens der Figuren verhüllen soll, gelangte seit Dona-
tello und theilweise schon Niccolo dlArezzo die Tendenz zur
Herrschaft, das Gewand nicht nur naturwahr zu behandeln,
sondern dasselbe zugleich, nach dem richtigen Stylprincip der
Alten, vermöge charakteristischen W urfe s, das darunter liegende
Nackte schön und bestimmt ausprägen zu lassen.
Mit diesen Figuren betheiligte sich Donatello an der Aus-
schmückung des zweiten nördlichen Domportals, das zum gröss-
ten Theil dem Niccolo di Piero d'Arezzo zur Ausführung an-
vertraut war. Hiemit trat Donatello jedenfalls in directen Ver-
kehr mit dem aretinischen Künstler, ohne Zweifel unter
dessen Leitung. Möglicherweise hatte dieser bereits im Februar
1402 den Auftrag zur Herstellung des Thürbogens erhalten,
gemeinsam mit Lorenzo di Giovanni d'Ambrogio und Urbane