DER SCULPTUR-RENAISSANCE GÜNSTIGE
BAUVERHÄLTNISSE.
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1382 einen entscheidenden Einfluss auf deren Styl ausgeübt zu
haben scheint, da er nicht nur die grosse Mehrzahl der Figuren
für dieselbe, sondern auch, wie wir oben sahen, architektonische
Glieder herstellte.) italienische Forscher möchten dies allerdings
aus schlecht verstandenem Patriotismus vertuschen. Vielleicht
War dies auch ein Grund, Warum man im I6. Jahrhundert die
Fagade so rücksichtslos zerstörte. Jedenfalls ist dieses nicht ver-
einzelte Eingreifen eines Deutschen in die italienische Kunst
für die Forschung von Interesse.
Obiger Berichterstatter meldet weiter, dass die Facade
voller Nischen mit Statuen war, die in sehr schöner Ordnung
vertheilt waren. Auch kleine Capellen waren daran angebracht,
die durch sehr schöne und mannigfaltige, glatte und gewundene
Säulen getrennt und gestützt waren. Die Mannigfaltigkeit der
Marmorarten und Porphyre, die Verschiedenheit der Statuen
und Säulen machte einen sehr reichen Eindruck. Das Mittel-
portal war von vier sitzenden, überlebensgrossen Figuren in
Nischen eingefasst. Diese sind aus späterer Zeit und haben wir
später darüber zu sprechen. Sie verdrängten also die vier Doc-
toren von Piero di Giovanni und Niccolo d' Arezzo, welche
ursprünglich diese Stelle einnahmen.
Ueber dem Hauptportal befand sich eine hübsche Capelle
mit der Statue der Madonna und dem Christkind darin (von
Piero di Giovanni Tedesco), das mit viel Anmuth auf ihrem
Schooss sass und leuchtende Augen hatte, die wahr schienen,
weil sie von Glas waren: zu ihren Seiten standen die Statuen
des S. Zanobius und der Sta. Reparata, und zwei sehr schöne
Engel (ebenfalls von dem Deutschen) hielten die Vorhänge eines
Schutzdaches zurück, welche von Tuch schienen, obwohl sie
von Marmor waren.
Ueber dem linken Seitenportal befand sich eine andere
Capelle mit der Geburt Christi, mit vielen Hirten und Thieren.
(Hiefür führte Piero di Giovanni wahrscheinlich seine Hirten-
tigur aus.) Ueber dem andern Seitenportale, gegen den Thurm
hin, war die Himmelfahrt der Maria in vielen Figuren dar-
gestellt; sie lag todt da, Während Christus ihre Seele fest um-
fasst hielt und alle Apostel ihre Leiche umgaben etc.
Der Thurm wurde im Jahre 1387 gedeckt. Die Statuen,
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