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vER SCUI
PTUR-RENAISSANCE GÜNSTIGE
BAUVERHÄLTNISSE.
besonders öffentliche Förderung genoss, entfaltete einen statua-
rischen, monumentalen Charakter, der ihr später wieder ver-
loren ging, bis Michel Angelo ihn Wieder gewaltsam auffrischte,
dadurch aber nur den erzwungen imposanten, nicht aus inneren
Gründen grossartigen Barokstyl schuf, der nicht mehr der Aus-
druck eines blühenden, stolzen, öffentlichen Gemeinwesens und
Bürgerthums ist, sondern die Aeusserung des bombastisch sich
aufblasenden und prahlerisch-heuchlerisch imponiren wollenden
Despotismus und Jesuitismus.
Der Ausbau und die Ausschmückung des Doms, sowie
die der Kirche Or San Michele sind, neben der Baptisterium-
thüre, vor Allem diejenigen öffentlichen Unternehmungen zu
Anfang des 15. Jahrhunderts, welche der Sculptur dieser Epoche
Gelegenheit geben, sich zu entfalten. Und zwar geht die bild-
hauerische Ausschmückung des Doms nicht nur im 15. Jahr-
hundert der von Or San Michele, wenigstens theilweise, zeit-
lich voran, sondern sie begann, wie wir schon bemerkten, be-
reits im I4. Jahrhundert und bildet demnach eine ununter-
brochene Kette von Arbeiten durch zwei Jahrhunderte hindurch,
welche vor Allem geeignet ist, ein Bild des leisen Ueberganges
des Styls vom m4. Jahrhundert in den des 15. zu geben.
Wir wollen demnach zunächst von den bildhauerischen
Arbeiten für den Dom sprechen, wenigstens bis zu dem Punkt,
da diejenigen. von Or San Michele mit ihnen zeitlich zusammen-
fallen. Und dies um so mehr, als auch Donatello seine nach-
weislich frühesten Sporen gerade durch Arbeiten für den Dorn
verdiente.
Ehe wir jedoch zu dieser Untersuchung schreiten, wird
eine kurze Uebersicht über die Baugeschichte des Doms am
Platze sein, und wäre es auch nur, um unsere obigen Bemer-
kungen zu bestätigen.
An der Stelle, wo heute der Dom steht, befand sich schon
seit ältesten Zeiten eine Kirche, welche im Jahre 490 zur Kathe-
drale von Florenz erhoben ward und im Jahre 680 den Namen
S. Salvadore in den von Sta. Reparata umtauschte, zum Ge-
dächtniss an den Tag, da Radagais vor den Mauern von Flo-
renz geschlagen ward. Diese Kirche war nach Giovanni Villan
„von sehr plumper Gestalt und klein im Verhältniss zu einer