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TRA CTAT DES M.
FRANCESCO
BOCCHI etc.
deren Anblick jedes warme Herz sich erfreut und sich begei-
stert: hehre Würde , die du zugleich Anregung und Ernst er-
zeugst, und den menschlichen Geist von irdischen Gelüsten hin-
weg zu hohen Bestrebungen und göttlichen Zielen emporführst
wohl darf die Bildhauerkunst 0b eines so erhabenen Lorbeers
sich freuen, und stolz sein ob ihrer so edlen Wirkung; vor
Allem darf sie, da hier diese Wirkung sich am Kräftigsten zu er-
kennen gibt, ihren höchsten Ruhmesanspruch auf diese Statue
setzen, welche, edler und preiswürdiger als alle anderen, die
menschliche Grenze fast überschreitet, um fast zur göttlichen
hinanzuragen. Aus dieser ganzen Abhandlung aber lässt sich
schliesslich klar entnehmen, dass jene Schönheitswunder des
Schaffens, welche Bewunderung hervorrufen, als solche von den
Künstlern selbst, und nicht von der Kunst allein, erzeugt wer-
den. Wäre dies nicht der Fall, so würde man täglich gar viele
Homere und gar viele Virgile aus den Lehren des Aristoteles,
und in der Rhetorik gar viele Demosthenes und gar viele
Ciceros aus den von ihnen verfassten Büchern über die Rede-
kunst erstehen sehen. Hätten diese nur irgendwie gehofft, in
ihren Kunstzweigen die Vollendung und Schönheit selbst lehren
zu können, so würden sie alle Regeln hiefür, ohne eine ein-
zige auszulassen, vorgebracht haben; auch jene, die von den
gelehrtesten und bedeutendsten Autoren in der Sache mit
grossern Verständnisse und tiefem Geiste Verfasst worden sind.
Aber Jeder, der zur Schönheit gelangen will, muss eben selbst
weiter schreiten, weiter sich vorwagen, als ähnliche Weisungen
zu lehren vermögen, so gut wie Donatello, was Jeder erkennt,
es gethan. Nicht nur, dass er sämrntliche Regeln der Kunst
vortrefflich beobachtete, hat er auch, von bedeutendem Talente
getragen, durch ausserordentliche, vielleicht von keinem Anderen
je angewandte Mittel, uns im heiligen Georg jene vollendete
und seltene Schönheit vorgebracht, welche, da sie bei mensch-
lichen Werken fast unglaublich erscheint, Bewunderung und
Staunen in unserem Gemüthe weckt.
nde.