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TRACTAT DES U.
FRANCES CO
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schwinden, der ihm aus dieser seltenen Schönheit fort und fort
entgegentritt. Und das, dachte er, werde dann erfolgen, wenn
das süsse Licht der Augen, der Farbenschmelz der Wangen
des Alters wegen erlöschen und die goldigen Haare (um mich
seiner eigenen Worte zu bedienen) sich in silberne verwandeln
werden. Um indessen von der Schönheit gründlich sprechen zu
können, wird es nicht unpassend sein, auch von der Vollendung
der künstlerischen Geschicklichkeit zu reden; denn diese wird
oft bei Urtheilen mit jener verwechselt, und selbst tüchtige
Schriftsteller (Beweis, wie hoch ihr Werth anzuschlagen sei)
pflegen die künstlerische Form, welche der Materie, der Masse
Vollendung verleiht, also zu nennen. Solche Vollendung, ge-
nannt Schönheit, also ist so schwer erreichbar, so selten, dass
die Menschen Dasjenige fast für ein Wunder ansehen, von dem
sie fühlen, sehen oder lesen, dass so etwas dort vorhanden ge-
Wesen sei oder gegenwärtig vorkomme. Zur weiteren Erörte-
rung dieser Betrachtung frage ich: wie wenige sind nicht Jene,
die sich den Namen tapferer und vollendeter Krieger verdient
haben? Wollte man unter Ihnen Alle und Alles genau prüfen,
so würde nach meiner Ansicht Keiner zu finden sein, der diese
so ruhmvolle Bezeichnung in Wahrheit verdiente. . . .
Steht es nicht fest, dass es nur wenige solcher Dinge ge-
geben hat, Welche Wegen ihrer Schönheit und Vollkommenheit
durch Jahrhunderte über Alles bewundert, heute noch ihren
Ruhm sich bewahrt haben? Darunter sind ausserdem auch
einige, glaube ich, welche durchaus nicht ob der vollendeten
Kunstfertigkeit, wohl aber wegen der übergrossen Ausschmückung
und wegen der Reichhaltigkeit also bewundert worden sind;
man fand Aehnliches bei anderen Kunstwerken und Erzeug-
nissen nicht vor, und so gewährte man jenen einen solchen
Ruf. Daraus aber folgt, dass, wenn beim heiligen Georg die
nämliche vollkommene Kunstfertigkeit nachgewiesen wird, Dona-
tello nicht nur als hervorragender Künstler, sondern auch als
überlegener Meister gelten muss. Um das nun nachzuweisen,
und bei dem Umstande, dass die künstlerische Schönheit, Von
welcher die Rede war, nur selten vorkommt, als gar wichtig
zu erkennen, wird es nicht überflüssig sein, von ihren einzelnen
Bestandtheilen und Erfordernissen hier in Kürze zu sprechen.