Volltext: Donatello, seine Zeit und Schule

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TRACTAT DES M. 
FRANCESCO BOCCHI etc. 
der Werkzeuge des Körpers und ihrer Beweglichkeit und Ge- 
fügigkeit bedarf, solche bei schlafenden oder anorganischen 
Körpern gar nicht denkbar erscheint, und dies umsomehr, als 
Beides des Ausdruckes entbehrt, der allein die Bewegung be- 
zeichnet, schattirt und sie als aus innerer Kraft entstammend 
darstellt. Aus diesem Grunde wird man zu keiner Zeit Lob 
versagen können, sei es dem "Holofernes" des Donatello, sei es 
der „Nacht' des Michelangelo, sei es dem „todten Christus" 
der Madonna della febbre zu Rom; denn jene Kunstfertigkeit, 
welche in der Imitirungbesteht, tritt dort so vortrefflich her- 
vor, dass das allein schon den grössteiu Beifall verdient. Eine 
Art Lebendigkeit lässt sich auch bei Jenen bemerken, welche, 
tapfer kämpfend, erst vor Kurzem getödtet worden sind; auch 
an ihrer Person, besonders aber im Gesichte, erhält sich ein 
solcher Ausdruck von Lebendigkeit. Dies fand z. B. in auf- 
fallender Weise bei jenen römischen Kriegern statt, welche mit 
grenzenloser Kühnheit gegen Pyrrhus gekämpft hatten, und da 
sie, bei furchtbarem Ausdrucke, ihre Wunden auf der Stirne 
und nicht rückwärts trugen, bewog ihr Anblick den grossherzi- 
gen Feind, der sie aufmerksam betrachtete, zu dem Aussprüche: 
dass, wenn das Glück ihm solche Krieger, wie es die römi- 
schen waren, gewährt hätte, es für ihn ein Leichtes gewesen, 
Herr der ganzen Welt zu werden. 
Ueberhaupt verlieren jene Menschenkörper, welche mit 
hervorragender Schönheit und Würde ausgestattet sind, einen 
gewissen lebendigen Ausdruck auch nach dem Tode nicht; in- 
dem ein solcher nämlich sich von der äusseren Erscheinung 
nicht sogleich trennt, lässt er an derselben noch lange gewisse 
Zeichen zurück. Daran dachte vielleicht der weise und tapfere 
Kaiser Vespasian, welcher, um nur nicht so schnell wie die an- 
dern Menschen für todt zu gelten, sterbend sagte: "Es gezieme 
sehr einem Kaiser, in aufrechter Stellung zu sterben" (was er 
selbst auch that); wahrscheinlich, weil dann das Bild des Lebens 
noch länger fortdauert, und somit der Sterbende auch dann 
noch zu wirken scheint, wenn sonst allen anderen Menschen 
das Wirken unmöglich ist. Aus demselben Grunde, und um Laura's 
Schönheit über jene aller Anderen zu erheben, sagt Petrarcaf 
Der Tod schien hold auf ihrem holden Antlitz.
	        
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