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TRACTAT DES M.
FRANCESCO BOCCHI etc.
schlossen ist, weiter zu forschen und neue Entschlüsse ohne
Ende zu wecken. Doch geht daraus nicht hervor, dass gerade
diese mit einer edlen, jene mit einer gemeinen Natur versehen
worden seien, denn diese Lebendigkeit, ist ihrem Wesen nach
derart, dass sie die grössten Schwierigkeiten bekämpft und be-
siegt, die sich ihr wie immer entgegenstellen mögen. .
Um nun das Richtige über die Lebendigkeit zu sagen,
sei bemerkt, dass sowohl durch Mangel als durch Uebermass
an Thätigkeit, wie der Philosoph lehrt, die menschlichen Hand-
lungen corrumpirt werden, was überhaupt bei jedem mensch-
liehen Vorgange der Fall ist. Denn durch allzu kühnes Unter-
nehmen einerseits und durch allzusehr furchtsame Scheu an-
dererseits entsteht Abschwächung der Kraft; aus dieser Halt-
losigkeit, aus jener Muthmangel; es müssen somit die Hand-
lungen der Menschen den Mittelweg einhalten, damit sie ge-
diegene Resultate liefern. . Nicht alle Thaten, nicht alle Arten
von Handlungen sind lobenswerth und dürfen mit dem Namen
Lebendigkeit bezeichnet werden. Im Gegentheile: weise und
tapfere Menschen, Jene, die ihr ganzes Leben in guten Hand-
lungen verbrachten, kann man, auch wenn todt, noch als
Lebende betrachten und verehren. . . . Sobald wir daher in Fol-
gendem ein paar andere Dinge erwogen, werden wir wohl mit
Recht behaupten "können, dass dieses Kunstwerk, so edel ge-
dacht und ausgeführt, was Ausdruck und Lebendigkeit betrifft,
über Alles vollendet genannt werden müsse. Es steht fest, dass
die Gabe des Könnens allein weder Ruhm noch Lob erntetf
sondern dass erst die Lebendigkeit, und auch diese dann nur hoch
gefeiert wird, wenn die Handlung selbst lobenswerth zum Aus-
drucke gelangt.. . Auch von einer Statue wird verlangt, soll
sie Anerkennung finden, dass sie sozusagen activ, sozusagen leb-
haft und lebendig sei; denn solche, welche erst des Ausspruches
Anderer zur Bethätigung ihrer Lebendigkeit bedürfen, beweisen
deutlich, dass sie selbst. den Eindruck verfehlen, welcher gleich
beim ersten Blicke den Gedanken vorn Stein auf die dargestellte
Handlung, von der künstlichen Arbeit zur Natur, von der
Ruhe zur Bewegung leitet, was aber bei diesem heiligen Georg
der Fall ist, der durch wunderbare Lebendigkeit Sinn und
Augen fesselt. An Rednern sieht man erst genau, wie viel