TRACTAT DES M.
FRANCESCO BOCCHI etc.
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furchtbar in der Erscheinung darstellte, dass, wer sie zuerst
erblickte, erstaunt und erschreckt zurücktrat, aus Angst, dass er
von dem Gifte, welches von jenem Thiere so naturgetreu aus-
gespritzt wurde, getroffen und getödtet werden könnte. Aehn-
liches geschah, ich meine, was Zweck und Wirkung anbelangt,
beim Bilde des Papstes Paul III., gemalt von Tizian. Als das-
selbe nämlich, zur Erhöhung des Firnissglanzes, der Sonne aus-
gestellt wurde, bewog es jeden Vorübergehenden (so lebendig
wahr erschien das Bildniss), sich vor ihm zu verbeugen und
ehrerbietig das Haupt zu entblössen, nachdem es dieselbe
Wirkung hervorbrachte, welche die Majestät eines lebenden
Fürsten durch Grösse und Weihe zu erzeugen pflegt. Gebührt
aber auf diesem Gebiete irgend welchem Künstler eine beson-
dere Beachtung, so ist wahrhaftig Donatello jener Künstler,
welcher hierin durch alle Vorzüge der Kunsttechnik und vor
Allem durch Wirkung des Ausdruckes den alten und neuen
Künstlern nicht nur gleichkommt, sondern sie auch Alle, nach
meiner Ansicht, weit übertrifft. Mögen daher begabte Jünglinge
dies beachten; mögen sie die Augen der Seele ganz besonders
auf den Statuen dieses Künstlers haften lassen, an Welchen sie
Gemessenheit, Kraft, Würde und jeglichen höheren Ausdruck
unnachahmlich meisterhaft ausgeprägt Finden können; vor Allem
aber werden sie am heiligen Georg hohen Gedankenflug, Grösse
und Erhabenheit antreffen. Glaube ja Niemand, dass solcher
Eindruck etwas Gleichgiltiges oder Wenig Beachtenswerthes sei,
denn die Wirkung auf die Phantasie, welche im Gemüthe und
sogar am Aeusseren viel vermag, lässt die einmal gesehenen
Gebilde festhalten, und deren Eigenschaften leicht einprägend,
formt sie auch das Gemüth darnach. . So darf Niemand er-
Warten und fürchten, dass, wenn seine Augen auf den Werken
des Donatello ruhen, er ähnliche sündhafte und unreine Eindrücke
davon trage; im Gegentheile: indem er dort Kraft, Würde und
Hoheit vorfindet, wird er selbst angeeifert werden, sich zu ver-
edlen und jene Vorzüge nachzuahmen. Unser Künstler ward in-
dessen nicht allein bewunderungswürdig im Wiedergeben des
Ausdruckes blos beim heiligen Georg, sondern bethätigte sich
auch bei anderen Schöpfungen als vorzüglich und vortrefflich.
So seine broncene Judith, Welche, nebst den anderen Vorzügen,
Quellenschriftcn f. Kunstgesch. IX. 13