190
TRACTAT DES M.
FRANCESCO
BOCCHI etc.
scheint. Wie viel Lob nun in solcher Beziehung unser treff-
licher und vor Allem ausgezeichneter Künstler verdiene, lässt
sich nach meiner Ansicht nicht schwer beweisen. Wenn schon
jene Maler ausserordentlich gefeiert werden, Welche mit beson-
derem Geschick und mittelst der Lebhaftigkeit der Farben den
Ausdruck mehr als in gewöhnlicher X7Veise zum Vorschein brin-
gen, was wird man erst über Jene sagen müssen, welche diesen
Ausdruck dem Marmor aufprägen, WODÜWJVCÖCI" Leichtigkeit der
künstlerischen Behandlung, noch die Mischung von Farben ihm
zu Hilfe kommen; wo vielmehr das künstlerische Schaffen, noch
durch die Härte des Materials und die Schwierigkeit der Be-
handlung gehemmt wird, lauter Dinge, die nicht beseitigt wer-
den können uncl bezüglich welcher daher ein Loswerden der-
selben ganz unmöglich ist? Hier muss fürwahr das Lob bedeu-
tend gewichtig ausfallen, da jene Künstler durch sinnige Aus-
kunftsmittel bald des Talentes, bald der technischen Gewandt-
heit sich derart zu helfen haben, dass weder Härte noch Schwie-
rigkeit ihnen schaden, noch hinderlich sein können. Vor Allem
gross wird aber jenes Lob sein müssen, welches dem hohen
Talente und der Vollendung im Schaffen Donatellds gebührt.
Denn er brachte durch ausserordentlichc Kunstfertigkeit, ja,
man könnte fast sagen durch malerische Weichheit, im harten
Marmor einen so hohen Ausdruck hervor, dass, wer denselben
nicht sieht und klar erkennt, als ein in der Nacht der Ignoranz
Wandelnder, als ein jedwedem Verständnisse Unzugänglicher
bezeichnet werden muss. Der im heiligen Georg mit so viel
Tüchtigkeit vorgebrachte Ausdruck ist derart, dass er durch
Grösse der Wirkung zu allen hohen und erhabenen Dingen
drängt. Darum können wir auch sagen, dass dieser besondere,
hier besprochene Ausdruck sich vor Allem auf Kraft basirt,
und da solche in kriegerischen Dingen so viel bedeutet, so hat
der Künstler, der eben dahin zielte, ganz richtig die Stirne mit
grossem Glücke erhaben dargestellt und nach dem Masse der
Kraft geformt, so zwar, dass jeder andere Künstler nebst den
vielen anderen Vorzügen, die gleichsam das Gesetz der tüchtigen
Arbeit vertreten, schon das allein beachten, bewundern und ver-
ehren soll. Indessen darf man nicht glauben, dass diese Statue blos
wegen des Ausdruckes vortrefflich sei; nein, sie ist es bestimmt