x74
DAS LEBEN DONATELLUS.
bornen Meister bewundern; denn ausserdem, dass er die Schwie-
rigkeiten der Kunst durch die Fülle seiner Werke erleichterte,
fügte er hiezu noch Erfindung, Zeichnung, Technik, Geschmack
und alles Andere, was man von einem göttlichen Genie erwar-
ten kann oder muss. Donato war sehr resolut und schnell, und
führte alle seine Werke mit der grössten Leichtigkeit durch
und arbeitete immer viel mehr als er versprach.
Alle seine Arbeiten gingen an seinen Schüler Bertoldo
über, besonders die Broncekanzeln von S. Lorenzo, welche von
ihm hernach grösstentheils ausgearbeitet und zu jener Voll-
endung gebracht wurden, in der sie heute in genannter Kirche
zu sehen sind. I
Ich will nicht verschweigen, dass der sehr gelehrte und
verehrungswürdige Don Vincenzo Borghini, von dem schon
oben bei einem andern Anlass gesprochen wurde, in einem
grossen Buche unzählige Zeichnungen von ausgezeichneten
Malern und Bildhauern, alten wie neuen, gesammelt hatte; auf
zwei nebeneinander beHndlichen Blättern, auf denen Zeichnun-
gen des Donato und des Michelangelo Buonarroti sind, hat er
mit richtigem Urtheil in der Einrahmuiig folgende griechische
Sprüche angebracht:
Bei Donato
"H Awvoiro; Bovoclöpwrigst,
Bei Michelangelo
QH Bovoippcßro; Amrum-Kai,
was auf Lateinisch heisst:
„Aut Donatus Bonarrotum exprilnit et refert, aut Bonarrottis
Donatum"
und in unserer Sprache:
"Entweder wirkt Donatds Geist in Buonarroti, oder der Geist
Buonarrotfs hatte schon einen Vorläufer in Donato."