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DAS LEBEN
DONATELLOS.
ganze Bevölkerung jener Stadt das Geleite gaben. Letztere
hörte lange Zeit nicht auf, zu seiner Verherrlichung verschieden-
artige Verse in mehreren Sprachen zu dichten, von denen wir
die anführen wollen, die weiter unten zu lesen sind.
,V Aber bevor ich auf die Grabschriften zu sprechen komme,
wird es gut sein, vorher folgenden Vorfall zu erwähnen. Als er
krank war, suchten ihn kurz vor seinem Tode einige Ver-
wandte auf, und nachdem sie ihn, wie es Sitte war, gegrüsst
und getröstet hatten, sagten sie ihm, es wäre seine Schuldig-
keit, ihnen ein Grundstück zu hinterlassen, das er im Gebiete
von Prato besass, wenn es auch klein war und sehr wenig ein-
trug; sie baten ihn instäindig, das zu thun. Als Donato, der in
allen Dingen richtig dachte, das hörte, sagte er: „Ich kann
Euch diesen Gefallen nicht thun, meine Verwandten, weil ich,
wie es mir vernünftig scheint, das Grundstück dem Bauern
hinterlassen will, der dort immer gearbeitet und sich geplagt
hat, und nicht Euch , die lhr nie etwas Nützliches dafür ge-
than und nur daran dachtet, es zu besitzen, und jetzt möchtet,
dass ich es für Euern Besuch gebe; geht und seid gesegnet l"
Und in der That, solche Verwandte, die nur Liebe zeigen,
wenn es Nutzen bringt, oder die Hoffnung auf solchen da
bist, müssen so behandelt werden.
" Nachdem er also den Notar kommen lassen, hinterliess er
sein Landgut dem Bauern, der es immer bearbeitet hatte und
der sich vielleicht trotz seiner dürftigen Lage besser gegen ihn
benommen hatte als seine Verwandten.
Seine Kunstsachen hinterliess er seinen Schülern, unter
denen sich Bertoldo, ein florentinischer Bildhauer, befand, der
ihn in hohem Grade nachahmte, wie man aus einem sehr schönen
Reiterkampfe in Bronce ersehen kann, der sich heutigen Tages
in der Garderobe des Herzogs Cosimo befindet; andere Schüler
waren: Nanni di Banco, der vor ihm starb; Rosellino, Desiderio
und Vellani von Padua; überhaupt kann man sagen, dass nach
seinem Tode jeder sein Schüler war, der gut in Relief zu
arbeiten bemüht war. In der Zeichnung war er entschlossen,
und führte seine Zeichnungen mit solcher Gewandtheit undi
Kühnheit aus, dass sie ihresgleichen nicht finden, wie man in
unserem Buche sehen kann, wo nackte und Gewandüguren von