DAS LEBEN DONATE
In den Salons der Reichen kamen die ausgezeichnetsten
Gelehrten zusammen, und Hauptthema der Unterhaltung war
ohne Zweifel Literatur und Kunst des Alterthums. Die Familie
der Martelli schloss sich selbstverständlich von dieser Mode-
Strömung nicht aus; der Unterricht und die Ermuthigungen,
die Donatello von dieser Familie genoss, waren also ohne Zweifel
von jenem classischen Geiste angehaucht, der damals allgemein
verbreitet war w.
Welche Absichten aber auch mit dem Knaben Donatello
gehegt werden mochten, bald musste man erkennen, dass sein
Geist nicht auf gelehrte Studien, sondern auf die Kunst ge-
richtet War. Man that ihn daher früh in die Werkstätte zu
einem Meister der Goldschmiedktlnst, vielleicht in Erwägung
des trefflichen Spruches: "Handwerk hat einen goldenen Boden."
Die meisten Künstler des Mittelalters und des 15. Jahr-
hunderts fingen als Handwerker, sei es Goldschmiede, sei es
Steinmetzen oder Holzschneider an; hatten sie Talent, so waren
ihnen höhere Gebiete der Kunst nicht verschlossen; waren ihre
Gaben bescheidener, so reichten sie immer aus, ihnen als tüch-
tigen Handwerkern einc sichere Existenz zu verschatfen.
Donatello kam, wie es scheint, zu Ghiberti's Vater, Maestro
Cione di Ser Buona ccorso, in die Lehre, bei welchem auch der
um fünf Jahre jüngereLorenzo Ghiberti, wie er uns selbst in
seinen Memoiren erzählt, die Goldschmiedkunst erlernte. Mög-
licherweise traf Donatello in diesem Atelier auch mit dem um
neun Jahre älteren Filippo di Ser Brunellesco zusammen,
da wenigstens auch dieser als Goldschmied anHng und Dona-
tello's intimster Freund von dessen früher Jugend an war.
Von Ghiberti wird uns berichtet, und seine Werke be-
zeugen es noch heute, dass er zwar in allen Techniken der
Goldschmiedkunst Meister war, mit Vorliebe jedoch einen
seits den Guss von kleinen Bronceliguren, sowie das Prägen
von Medaillen, anderseits das Zeichnen und Malen betrieb.
Ja, im Jahre 1400, als er vor der Pest und vor bürgerlichen
Unruhen aus Florenz Hoh und in Rimini für Pandolfo Malatesta
ein Zimmer des Palastes ausmalte, stand er auf dem Punkte,
sich ganz der Malerei zu widmen, wurde aber durch andere
glänzende Aufträge, die sein ganzes Leben ausfüllten, wieder