DAS LEBEN DONATELLUS.
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dem Raume, wo er arbeitete, nicht die Hälfte der günstigen
Wirkung hatten, die sie an den für sie bestimmten Standorten
machten. In der neuen Sacristei der nämlichen Kirche sind die
festonhaltenden Kinder, welche ringsum auf dem Gesims stehen,
nach seiner Zeichnung ausgeführt; ebenso rührt von ihm die
Zeichnung der Figuren her, welche sich auf dem Glasgemälde
des Rundfensters unter der Kuppel befinden, das die Krönung
unserer Jungfrau darstellt; diese Zeichnung ist um Vieles
besser als die der anderen Rundfenster, wie man deutlich sehen
kann. In S. Michele in Orto, in der nämlichen Stadt, stellte
er für die Zunft der Fleischer die Marmorstatue des St. Peter
her, die man dort sieht, eine sehr durchdachte und bewunde-
rungswürdige Figur; für die Zunft der Leinweber verfertigte
er daselbst den Evangelisten St. Marcus, welchen er anfangs mit
Brunellesco gemeinsam übernahm, nachher aber mit Beistimmung
des Filippo allein vollendete. Diese Figur wurde von Donatello
mit so viel Verständniss ausgearbeitet, dass, so lange sie auf
dem Boden stand, Leute, die kein Urtheil hatten, deren Treff-
lichkeit nicht erkannten, so dass die Consuln jener Zunft sie
beinahe nicht hätten aufstellen lassen. Donatello bat sie jedoch,
ihn die Statue an ihren Standort bringen zu lassen, und dann
wollte er zeigen, nachdem er noch etwas daran gearbeitet hätte,
dass eine ganz andere Figur daraus würde. Dies geschah und
er verdeckte sie für vierzehn Tage lang, dann, ohne sie noch
weiter berührt zu haben, enthüllte er sie und Jedermann war
von Bewunderung erfüllt.
Für die Zunft der Panzerschmiede machte er eine Statue
des h. Georg, in Rüstung, voller Leben. In seinem Kopfe sieht
man die Schönheit der Jugend, den Muth und die Tüchtigkeit
in der Weiffenführting, eine grimmig stolze Leidenschaftlichkeit
und einen wunderbaren Mienenausdruck der Bewegung, obschon
in Stein. In der That ist an modernen Statuen noch nie so
viel Lebhaftigkeit, noch so viel Geist in Marmor gesehen wor-
den, wie sie in dieser Statue Natur und Kunst durch Dona-
telloß Hand bewerkstelligten. Auf dem Sockel, der das Taber-
nakel jener Statue trägt, arbeitete Donatello in einem Marmor-
Basrelief die Scenc aus, da Georg den Drachen tödtet; hieran
wird besonders das Pferd sehr geschätzt und gerühmt.
(xlllcllclläflll'llllull l'. lilunstgesch. IX. l l