DAS LEBEN DONATELLOS.
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der je geboren ward. Als sich Donato so beissend angegriffen
sah, da er hoffte, gelobt zu werden, erwiderte er: ,_,Wenn es
so leicht wäre zu machen wie abzusprechen, so würde mein
Christus Dir Christus und kein Bauer scheinen; doch nimm
auch Du Holz und versuche es, auch einen zu machen!" Filippo
sprach kein Wort mehr darüber, begann aber, nach Hause zu-
rückgekehrt, ohne dass irgend Jemand davon wusste, auch ein
Crucifix zu machen, und indem er sich bemühte, Donato zu
übertreffen, um nicht sein eigenes Urtheil zu Schanden zu
machen, führte er dasselbe viele Monate hindurch in höchster
Vollendung aus. Nachdem dies geschehen, lud er eines Mor-
gens Donato ein, mit ihm zu frühstücken, und Donato nahm
die Einladung an; und als Filippo so in Begleitung nach Hause
ging und sie auf den Mercato vecchio kamen, kaufte er einige
Sachen und gab sie dem Donato mit den Worten: „Gehe da-
mit in meine Wohnung und erwarte mich dort, ich komme
gleich nach!" Als Donato nun in's Haus trat und in's Erd-
geschoss kam, sah er Filippo's Crucifix bei gutem Licht und
sich davorstellend, um es zu betrachten, fand er es so voll-
kommen ausgeführt, dass er, hingerissen und vor Bewunderung
wie ausser sich, die Hände öffnete, womit er die Schürze zu-
sammenhielt, so dass Eier, Käse und Alles zu Boden Hel und
zerbrach. Aber er hatte nicht lange Zeit, zu staunen und wie
besinnungslos dazustehen, da Filippo hinzukam und lachend
sprach! „Was hast Du vor, Donato? Was sollen wir essen,
wenn Du Alles zur Erde wirfst?" Donato antwortete! „lch für
mich habe heute Morgen meinen Theil gehabt; wenn Du willst,
nimm auch den Deinen. Aber genug; Dir ist es vergönnt,
Christusse zu machen, ich muss mich mit Bauern begnügen;
Im Tempel von S. Giovanni derselben Stadt errichtete
Donato das Grabmal des Papstes Johannes Coscia, welcher
durch das Constanzer Concil vom päpstlichen Throne entsetzt
worden war; das Monument liess ihm Cosimo de Medici, sein
intimer Freund, errichten. Von Donatellds Hand ist daran der
Leichnam von Bronce, sowie die Hoffnung und Nächsten-
liebe (caritas) von Marmor; Michelozzo, sein Gehilfe, stellte
den Glauben her. In derselben Kirche, gegenüber dem eben
genannten Monument, sieht man eine heilige Maria Magdalena