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BEMALTE SCULPTUREN DONATELLOS.
soll denn all dies Sterben P" Es ist zunächst verwandt mit der
Prometheus. Erlösung verheissend allerdings sieht er nicht seh
aus. Obwohl dieser tiefe, tragische Gehalt klar wie die Sonn
aus dem Kunstwerk hervorleuchtet, so mag doch Donatello sich bt
dessen Darstellung mehr von künstlerischer Intuition und An
schauung, als von bestimmt im Bewusstsein erfassten moderne;
Zweifeln und Titanengedanken haben leiten lassen.
Brunellescds Christus dagegen hält sich strenger in de:
Schranken deriherkömmlichen Christus-Idee und regt kein wei
teres Problem an. Sein Körper ist schlank und zeigt gleichfall
ein treffliches Studium der Anatomie. Eine Fülle von weichen
edlen Locken, oben von der Dornenkrone zusammengefasst, um
rahmt das Sanftmuth athmende Gesicht, das aber nicht entfern
die Energie wie dasjenige am Christus des Donatello aufweist
Die Figuren sind durchaus in naturalistischer Weise be-
malt, was ihre Wirkung nur erhöht. Diese beiden Christus-
bilder Waren massgebend für alle künftigen Darstellungen des
gleichen Gegenstandes im I5. Jahrhundert.
YVahrscheinlich zu derselben Zeit führten Donatello und
Brunellesco, vielleicht wieder im Wetteifer miteinander, Holz-
statuen der büssenden Magdalena aus.
Brunellescds Magdalena ist leider zu Grunde gegangen.
Sie wurde in der alten Kirche von S. Spirito aufgestellt, wo
sie im Jahre 1471 durch eine Feuersbrunst zerstört ward, die
bei den theatralischen Aufführungen zu Ehren des bei Lorenzo
de Medici auf Besuch verweilenden Gian Galeazzo Sforza in
jener Kirche ausbrach. 117
Die Magdalena des Donatello ist eine derjenigen Figuren,
in denen er sein Streben nach Realismus und Charakteristik
am weitesten getrieben hat. Der oberflächlichen Betrachtung
macht sie den Eindruck der entschiedenen Hässlichkeit Auf
dieses und einige andere Werke stützen sich vermuthlich jene
Kunstforscher, welche ein so scharfes Urtheil über Donatellds
Hang zum Hässlichen fällen, ohne dass sie dabei eine viel
grössere Anzahl von Werken desselben Meisters in Betracht
ziehen, wo Schönheit, Lieblichkeit und Anmuth in seltener
Fülle und Glanz vereinigt sind. Missfallen erregt auf den ersten
Blick besonders die Steifbeinigkeit und Gliederdürre Magda-