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DONATELLO ALS REALIST UND MALER.
mehr abhanden zu kommen, so dass heutzutage nicht blos die
einzelnen Künste sich einander verächtlich den Rücken kehren,
sondern selbst innerhalb derselben abermalige, der allgemeinen
Kunstentwicklung höchst verderbliche Spaltungen eintreten. Ein
Staffeleimaler hält es unter seiner Würde, einen Raum decora-
tiv harmonisch auszumalen und sich dabei der Architektur an-
zubequemen und unterzuordnen. Ein Bildhauer von Figuren
verschmäht es, ornamentale und architektonische Sculptur zu
betreiben. Er zieht es vor, in seinen Figuren philosophisch-
allegorische Spitzfindeleien und vermeintliche Tiefsinnigkeiten,
sowie akademische, zusammenhanglose Styldogmen und Schön-
heits-Abstractionen zu verwirklichen, statt vor Allem darauf zu
steuern, dass er eine lebendig wirkende Statue oder Gruppe,
sei es mit einem grösseren Architekturganzen, sei es mit einem
fein und edel gebildeten Postament in architektonische Har-
monie zu bringen verstehe, so dass Figur und Architektur wie
aus einem Guss erscheinen und sich gegenseitig in ihrer Wir-
kung unterstützen, statt zu bekämpfen.
Donatello also wurde einmal schon durch die Tradition
daraufgeführt, neben dem Bildhauer auch Maler zu sein; inso-
fern auch er noch die mittelalterliche (resp. antike) Sitte fort-
übte, den Statuen und Reliefs durch Bemalung eine leben-
digere und energischere Wirkung zu verleihen. Ausserdem aber
that er noch den neuen Schritt (der mit Brunellescds farbloser
Auffassung der antiken Architektur zusammenhing), das male-
rische Princip, das der Sculptur eigen war, mehr in die Be-
hauung des Marmors selbst zu übertragen, als in dessen Be-
malung; so dass, wenn er auch diese nicht ganz aufgab, er
doch den Weg der späteren Renaissance bahnte, blos durch
die Marmortechnik selbst ihren Figuren den nöthigen Effect zu
geben. Aus dieser Uebertragung der malerischen Tendenz der
Sculptur von der Bemalung in die Steintechnik selbst lässt sich
auch zum Theil die tiefe Aushöhlung der Schatten am Zuccone
erklären. Gerade solche hochstehende Statuen beförderten den
von ihm vorbereiteten Unlwandlungsprocess der malerischen
Ausschmückung der Statuen , da ziemlich flachgehaltene Figuren
trotz aller Bemalung in den hohen Nischen des unruhig bunten
Glockenthtlrms nicht zur genügenden Wirkung gekommen wären.