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STATUEN DES DONATELLO AM CAMPANILE.
Fangen wir bei der berühmtesten derselben an, dem so-
genannten Zuccone. Er befindet sich in der zweiten Nische
von links aus an der Vorderseite des Thurmes. An dem Sockel
der Statue stehtdie Inschrift: Opus Donatelli. David Rcx.
Die Statue ist mit einer über den Schultern zusammengehefteten
ärmellosen Tunica bekleidet, über Welche von der linken Schulter
herab eine schwerstoflige Toga in grossartigen Falten über den
Leib herabfällt und am Boden sich aufbauscht. Mit dem linken
Arm, der herrliche, kühne und linienschöne Umrisse zeigt, hält
er das Gewand, die Rechte stützt er leicht auf die Hüfte. Der
kahle, schmale, hohlwangige und blödäugige Kopf blickt ernst
und melancholisch vor sich hin und zeigt eine überraschende
Unmittelbarkeit des Lebens. Aber wir haben hier weniger den
Charakterausdruck des poetischen Königs, als das wirkliche
Porträt eines Zeitgenossen des Donatello, des Giovanni di Bar-
duccio Cherichino, eines der Albizzfschen Partei angehörigen
Bürgers von Florenz. Der Vater desselben, Barduccio Cheri-
chino, war 1410 Gonfaloniere. Giovanni war 1433 Mitglied der
Balia (Kriegsrath), welche Cosimo's Verbannung beschloss.
Während Donatello diese Statue aus dem Stein hieb, dass
die Splitter urnhertlogen, rief er, wie um sich zu begeistern:
"Schwarze, schwatze, bis du Blut kackstl" ein Ausspruch, der
bezeichnend ist sowohl für Donatellds kräftige Naivetät, wie
für seine Ueberzetigung, dass eine Statue, um gut zu sein, vor
Allem lebendig, und um lebendig zu sein, gleichsam zu sprechen
scheinen müsse. Noch öfter wiederholt sich bei Schriftstellern
des 15. Jahrhunderts als höchstes Lob, das einer Statue oder
einem Gemälde zu Theil ward, der Ausspruch, dass die dar-
gestellten Personen gleichsam zu sprechen scheinenßlrl
Und damit diese Ansicht von dem Werth einer Statue
von den sogenannten classischen Idealisten (die aber nichts als
abstracte, verwaschene Phantasie-Schattenbilder schaffen, keines-
Wegs aber die Antike erneuern) nicht als eine materielle und
triviale Auffassung der edeln Kunst verpönt werde, erinnern
wir daran, dass die gesunden und naiven Griechen der besten
Zeiten den Meisterwerken ihrer Künstler ein ganz verwandtes
Lob zu Theil werden liessen. Der Zeus des Phidias flösstc
durch seine Erscheinung überwältigende Verehrung und Gottes-