NICCOLÖ UAREZZO UND GIOVANNI IYANTONIO DI BANCO.
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das zweite nördliche Dornportal hergestellten ornarnentalen
Sculpturen erhielt er am 9. Juni 14:4 den Auftrag, ein Re-
lief für das Giebelfeld des Portals herzustellen, worin er die
Madonna darstellen sollte, wie sie in der Mandorla, von Engeln
Llrngebexi, dem heiligen Thomas den Gürtel herabliess.
Marie schwebt in dem mandelförmigen Glorienschein, der
eine alte Kunstüberlieferung ist, und streckt nach links hinab
die Hand, um den Gürtel dem unten in der Ecke des Giebel-
bogens knieenden S. Thomas hinabzulassen. An der nämlichen
Seite schmiegt sich ein nackter Genius an sie, der, zu ihr em-
porschauend, in der ganzen Stellung, wie in der Wendung des
Kopfes und an seinem begeisterten Ausdrucke an Michel-
angelds Kühnheit der Linien und Gedankentiefe erinnert.
Diese Figur war es vielleicht vorzüglich, die in Vasari den
Glauben erweckte, das Relief sei ein Werk des Jacopo della
Guercia. Maria's Kopf selbst ist nicht so schön als der dieses
Genius, jedoch gleichfalls nicht ohne auf Studium der Antike
hinweisende Anmuth. Rechts von ihr schaut ein anderer Ge-
nius, sowie ein Seraphimkopf hervor. Vier Jünglingsengel in
Tunica mit Kreuzbändern tragen die Mandorla. Während die
zwei untersten dieselbe fiiegend zu stützen scheinen, heben zwei
andere, über ihnen, in kräftigen und schönen Bewegungen, wie
in den Lüften schreitend, die Mandorla empor. Ueber der Gruppe
der Madonna und den sie tragenden Engeln steht ein nackter
Putte, der den Dudelsack bläst, sowie zu dessen beiden Seiten
zwei andere nackte, fiötende Putten. Auf diese Weise ist so ziern-
lich die ganze Lünette sehr harmonisch ausgefüllt. In der rechten
Ecke befindet sich als Ausfüllung, ein Pendant zu dem knieenden
S. Thomas bildend, ein Bär, der sich an einem Birnbaum aufrichtet.
Das Motiv der von den Engeln getragenen Mandorla ist
uralt: wir erinnern nur an die ähnliche Darstellung des Fra
(iuglielmo an der Kanzel von S. Giovanni fuori civitas zu
Pistoja. Die Durchbildung des Motives im Einzelnen trägt hier
aber schon ganz den Geist und die Freiheit der Renaissance
an sich. Was zunächst die Gewandung betrifft, so ist sie viel
realistischer gehalten, als an allen früheren Werken Nannfs,
und erscheint sie hie und da auch etwas verworren, so ist sie
zugleich reich an schönen Motiven und Linien,