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FORTSETZUNG DES DOMBAUES.
sein soll, gelang es ihm endlich, die Dombau-Behörde für seiner
Plan zu gewinnen, den er nur noch in einer ausführlicher
Denkschrift auseinandersetzen mussteßs
Die Operai, Consuln der Wollenzunft und andere Zunft-
häupter, sowie die obersten Behörden der Stadt beschlossen
ihm zur Probe die Erbauung von 14 Br. Höhe anzuvertrauer
für den geringen Gehalt von 36 Gulden im Jahre. Brunellescc
zauderte, unter so ungünstigen Bedingungen den Auftrag an-
zunehmen, entschloss sich aber doch dazu, in der Hoffnung
die Zweifel und Hemmungen allmälig zu besiegen. Da ver-
mochte es die Partei des Ghiberti, die im Geheimen am meister
gegen Brunellesco intrigtiirt hatte, es durchzusetzen, dass Ghi-
berti als zweiter Kuppel-Baumeister ihm zur Seite gesetzt wurde
Durch einen neuen Beschluss vom I6. April 1420 wurde fest-
gesetzt, dass Brunellesco und Ghiberti gemeinsam die Kuppe
von Anfang bis zu Ende bauen sollten. Brunellesco war
über diese Beiordnung des Ghiberti, der seinen Ruhm theilen
wollte, ohne durch seine Erfindung dazu beigetragen zu haben,
so erbittert, dass er abermals Florenz verlassen wollte. Nur
seine Freunde, Donatello und Luca della Robbia, vermochten
ihn davon abzubringen. "Wahrhaftig, gottlos und grausam ist
die Begierde Derjenigen, welche, vom Neid verblendet, die Ehre
und die schönen Werke anderer Leute in ehrgeizigem Wett-
streit auf's Spiel setzen; gewiss lag es nicht an ihnen, wenn
Filippo nicht seine Modelle zerbrach, seine Zeichnungen ver-
brannte und in weniger als einer halben Stunde alle die Re-
sultate langjähriger Mühen vernichtete." . . Er begann die
Arbeit mit Widerwillen, da die Mühe sein war und er doch
die Ehre mit einem Andern theilen sollte.
In welcher Weise der Bau nun weiter ging, wie Brunel-
lesco sich seines lästigen Rivalen zu entledigen suchte, werden
wir zugleich mit einer näheren Besprechung über die Bedeu-
tung der Kuppel und ihre Stellung zu den Kuppeln früherer
Zeiten, sowie zu der des Michelangelo in einem späteren Ab-
schnitt darzustellen versuchen.
Ganz übergehen durften wir dieses epochemachende Unter-
nehmen hier nicht, da es einen der mächtigsten Factoren bildet,
welche den Charakter des Kunstlebens vom zweiten Jahrzehnt