STATUEN FÜR DIE NISCHEN etc.
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Alles ist doch etwas äusserlich stylisirt, und mit Donatellds
feiner Belebung und von Innen herauswachsender Bewegung,
Anordnung, Stylisirung kann sie sich nicht entfernt messen. s"
Eine dritte Statue, gleichfalls von Bronce, führte Ghiberti
endlich in den Jahren 1425-01428 für die Wollenzunft aus.
Diese hatte bereits einen älteren Sto. Stefano in ihrer Nische;
die Consuln derselben beschliessen aber am 2. April 1425 die
Herstellung eines neuen, schöneren Tabernakels, mit einer neuen
Statue, da sie von allen anderen Zünften übertroffen werde, die
Wollenzunft aber immer die erste habe sein wollen. Sie setzt
1000 Gulden dafür aus. Am l. Februar erfahren wir, dass die
Statue durch Ghiberti vollendet sei.87
Das Tabernakel ist wieder nach dem älteren Schema, rnit
feinen Lavori commessi von weissem und schwarzem Marmor
in der Nischenhöhltlng. Die Statue, im Priestergewand, mit
Mantel darüber, mit bartlosem Gesicht, zeigt in der Gewan-
dung noch immer Ghiberti's geschweiften Faltenwurf, während
der Kopf mehr als seine bärtigen sich stark der Antike nähert.
Die Hände sind lebendig modellirt.
Auch diese Statue kann in Bezug auf Naturstudium,
Naturwahrheit mit Donatellds Statuen nicht verglichen werden;
ihre Schönheit wird neben der reichen und lebenswarmen des
Donatello stets abstract und conventionell erscheinen, wenn
auch im Ganzen eine zierliche Grazie gerade dieser Statue nicht
abzusprechen ist.
Die Traditionen, welche Ghiberti in der Broncetechnik
überliefert erhielt und welche von dieser gewissermassen unter-
stützt wurden, trugen gewiss nicht wenig dazu bei, dass er
sich vom Styl des 14. Jahrhunderts nicht so entschieden und
vor Allem nicht so früh losmachen konnte, als Donatello in
seinem Marmor, dessen Behauung mit kurzen Meisselhieben
kleine und feine Faltenmotive und Brüche, wie sie sich in der
Natur neben den grossen finden, viel mehr begünstigte, als die
Modellirung für den Guss, bei dem ein zu weiches und zartes
Detail die Aufgabe nur erschwert hätte. Auch Ghiberti's mehr
drahtartige Haarstylisirung ist zum Theil eine Consequenz des
Materials, in dem er vorzüglich arbeitete, während Donatello
mit dem Meissel dasselbe leicht Hockiger und duftiger behan-