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STATUEN FÜR
DIE NISCHEN etc.
Ferner stellte Ghiberti von den Jahren 1419 bis 14.22 die
Statue des Evangelisten S. Matthäus für die Zunft der
Wechsler und Münzer, gleichfalls in Bronce, her, wobei ihm
Michelozzo behilflich war. Anfangs war der Pfeiler, an
dem sich die Nische befindet, für die Bäcker bestimmt, welche
den S. Lorenzo dort aufstellen wollten, aus Armuth traten sie
ihn jedoch an die obigen Zünfte ab. Das Tabernakel, gleich-
falls ein Werk des Ghiberti, nähert sich auch in der ganzen
Anlage der Renaissance schon mehr als die bisher beschriebe-
nen. Es zeigt eine ziemlich flache Nische, welche durch korin-
thische kannellirte Pilaster und oben durch eine allerdings noch
spitzbogige Muschel gegliedert ist. Ueber der spitzbogigen Oerf-
nung derselben zieht sich ein Gesims mit Zahnschnitt hin,
über welchem sich ein schon sehr stumpfwinkeliger Giebel mit
Akanthuskrappen und einem Wappenschild im Giebelfeld er-
hebt. Seitlich stehen statt der Fialen die schon oben bespro-
chenen Statuetten des Niccolö d'Arezz0.
Die Figur des Evangelisten macht einen bedeutend an-
genehmeren Eindruck als die vorher besprochene des Täiufers.
Auch hier zwar sind Faltenwurf wie Kopfbildung conventionell;
während aber dort die geschweifte Linie des I4. Jahrhunderts
in ihrer höchsten Uebertreibung statt der gewünschten Schön-
heit nur Unruhe, Verworrenheit und leere Unnatur zeigt,
haben wir hier eine Vereinigung bedeutender Studien nach der
Antike mit den Traditionen des 14. Jahrhunderts. Auch hier
finden sich noch die geschweiften Schönheitslinien der eben-
genannten Periode, auch hier noch deren schematische Einthei-
lung des Gewandes in grosse, conseqtient verlaufende Falten
und daneben liegende leere, glatte Stellen; aber die Falten
haben doch nicht mehr die gewaltsam sichelartige Krümmung,
sondern sind in ruhigeren, sanfteren Bogen geschwungen und
das ganze Gewand zeigt eine schöne, harmonische Gruppirung
und Contrastirung der Linien nach dem Vorbild antiker Toga-
liguren. Es ist ein grosser, einfacher Linienschwung in dieser
Statue, sowie eine noble Bewegung, welche in ihr trotz der
verschiedenen Stylisirung doch antike Vorbilder herausfühlen
lässt. Auch der Kopf zeigt viel Energie im Ausdruck und
Schönheit in der Anordnung des l-Iaupt- und Barthaares; aber