STATUEN FÜR m12 NISCHEN m.
IOI
Sockel ist ein vorzüglich ausgeführtes Akanthusranken-Ornament
in Relief im Styl des Niccolo d'Arezzo. Die Broncefigur selbst
wurde im Jahre 1414. oder 1419 aufgestellt. Sie zeigt die ge-
bogene, geschwungene Stellung der deutschen Gothik, sowie
die Schule des Andrea Pisano. Sie ist mit dem härenen Ge-
wande, sowie mit einem die Gestalt zum grössten Theil ver-
hüllenden Mantel bekleidet. Der Faltenwurf dieses Mantels ist
durchaus in der Manier des Andrea Pisano und der von ihm
abhängigen Goldschrniedschule des 14. Jahrhunderts gehalten.
Der Stoff ist glatt, ohne feine Details und charakteristische Un-
ebenheiten gehalten, nur grosse halbmondartige, ohne Unter-
brechung und Kreuzung fortlaufende, nach einem gewissen
geometrischen Schönheitsprincip zusammengeordnete Falten
gliedern ihn. Von Natur ist hier auch nicht die leiseste und
feinste Spur. Und diese monotonen, arrogant vertretenden, leeren,
nüchternen Partien machen nicht einmal einen harmonischen
und ruhigen Gesammteffect, sondern sehen aus wie die Wellen
eines sturmgepeitschten Meeres. Wie edel, classisch, ruhig, ein-
fach, wahr, reich und fein nimmt sich daneben das Gewand
an der Statue des S. Marcus von Donatello aus! Wie schim-
mert der Körper rund, geschmeidig und lebendig daraus her-
vor, während bei Ghiberti der Faltenwurf sich der Kör-
perbewegung nicht unterordnet, sie nicht begleitet und hervor-
hebt, sondern durch seine unruhige, bogenartige Zerklüftung ver-
steckt, zerschneidet und geradezu vernichtet. Dieser Faltenwurf ist
so manirirt und für einen unverdorbenen Geschmack so unschön
und abstossend, wie nur möglich; die Griechen hätten davor gelacht,
während sie dem Donatello, als einem der Ihrigen, die Hand geschüt-
telt hätten. Aber es gibt leider heutzutage nur zu viele Leute, die
da meinen, diese erlogene, erkünstelte, hohle Manier, wie sie
buns die Gewandung an den grossen Freistatuen des Ghiberti
zeigt, sei Idealismus, Styl und wer weiss was sonst noch.
Auch der Kopf an der Statue des Ghiberti ist manirirt; wenn
auch von einer gewissen Schönheit, welche er dem darin er-
kennbaren Studium der Antike verdankt, hält er doch mit dem
ungleich belebteren, charakteristischeren und naturwahr model1ir-
ten Kopf des S. Marcus und anderer Statuen des Donatello
keinen Vergleich aus.