Auffaffung
lX-Iadolulma.
in Kupferflich (B. 36) aus diefem Jahre zum T heile mit
Benutzung jener Kohlezeichnung gemacht ift namentlich
das Kind und die Hände der Mutter.
Hier fei noch ein Wort über Dürers Pluffafiung der
Madonna überhaupt bemerkt. S0 oft er auch die Mutter
Gottes gebildet hat, immer erhält {ie bei ihm vorwiegend
durch die Beziehungen zum Kinde ihre Bedeutung. Meift
ift fle irgendwie mit demfelben befchäftigt. Wenn Engel
oder Heilige {ie umftehen, fo ift deren Aufmerkfamlteit aus-
fchliefslich dem Kinde gewidmet. Diefe Unterordnung Mariens
ift nicht minder in einer befonderen theologifchen Richtung,
als in der abflracteren deutfchen Gemüthsart begründet.
Hatten {ich doch einft alle, zuerft für das Chriftenthum
gewonnenen germanifchen Völker, als Vandalen, Gothen,
Burgunder und Sueven, der Lehre des Arius zugewandt,
welcher Chrillum felbfl blos als ein höheres, von Gott ge-
fchaffenes und ihm ähnliches Weferl angefehen wiffen wollte
und deshalb auf dem Concil von Nicaea verdammt worden
war. Die Oftgothen in Italien verbluteten über dem Fell-
halten an diefer Lehrmeinung, und nur allmählich und unter
fchweren Kämpfen bekehrten IlCh die Langobardexi und
Weftgothen zu dem römifchen Lehrbegritfe von der uran-
fanglichen Gottheit jefu. In den romanifchen Nationen
dagegen lebte ein mit anderen Bildungsreflen aus dem
Alterthtime überkommener Hang zum Polytheisnuis fort und
begünfligte die buntere Ausgeflaltuilg des Himmels. Eine
fehr weit gehende Heiligenverehrung bot der KunPt uner-
fchöpflichen Stoff, und insbefondere ward die Madonna, als
das weibliche Ideal, immer mehr der Hauptgegenflaxid der
künftlerifchen Darftellung.
Dürers Madonna jedoch hat nicht diefe Selbftändigkeit,
nicht die Anmuth und den fmnlichen Reiz, wie die der
italienifchen Meifter. Auch den I-Ieiligenfchein hat fie bald
abgelegt. Es ift die Nürnberger Mutter, wie fie leibt und
lebt. In der Nürnberger Wochenftube, voll von dienftfertigen
Gevatterinnen, erblickt {ie das Licht der Welt; fie trägt