Meißen-werke
Holzfchnittes.
felbPc die Zufälligkeiten des lNlateriales fort, welche Feder
und Pinfel niemals vermeiden können. Die grauen, frühen
Drucke wetteifern in ihrem zarten Gefammttone faPc mit
der Wirkung der befien Kupferfiiche Dürers. Dazu könnnt
der Adel der Compofition und der in ihr waltenden
Empfindung: Gott Vater in hoheitvoller Theilnahme auf
den gemarterten Leichnam des Sohnes blickend, den er in
feinem Schoofse hält; die Engel mit den Marterwerkzeugen,
die in demüthiger Trauer ihn umfchweben. Gleichwohl blieb
Dürer felbfr nicht blind gegen die Härten und Verzerrungen,
welche namentlich den Leichnam Chrifli entßellen. Er
wiederholte daher im Jahre {515 die Zeichnung mit Ver-
änderungen, die von feiner rafilos beffernden Selbßkritik
Zeugnifs geben. Er gab nun der Leiche eine edlere Hal-
tung, bedeckte deren Beine mit der Draperie und gab der
Liebe des Vaters deutlicheren Ausdruck. Die fo verbefferte
gleichfeitige Federzeichnung befindet fich in der Ambrofiana
zu Mailand. Dürer hat fie gewifs nur zur eigenen Belehrung
und Befriedigung gemacht.
Um diefelbe Zeit entftand noch eine Reihe anderer
Holzfchnitte, die {ich an Vollendung mehr oder minder der
Dreifaltigkeit nähern. So im Jahre 1510 der Geisler (B. 119),
der entkleidet vor dem Altare kniet und im Begriffe ift
Bufse zu thun. Der Kopf des wohlgebaiuten Mannes er-
innert lebhaft an Dürers eigene Züge. Der erfie Entwurf
dazu, eine leichte Federzeichnung in demfelben Sinne, be-
Endet flCh im britifchen Mufeum. Aus demfelben Jahre
flammen die beiden Gegenflücke: die Enthauptung Johannes
des Täufers und die (Darbringung feines Hauptes durch
Salome an der Tafel des Herodes (B. 125 u. 126), zierlich
behandelte Cabinetftücke, die freilich mehr Modebildern, als
heiligen Gegenftänden gleich fehen. Vorzügliche Formfchnitte
aus dem Jahre 151i find: Die Meffe des heiligen Gregor
(B. 123) und St. Hieronymus in der Zelle (B. 114), ein
würdiger Vorläufer des berühmten Kupferftiches von 1514.
Der leichte Entwurf zu letzterem aus demfelben Jahre, eine