Radierung auf Eifen.
angelos l). Rechts fleht man den Oberkörper eines liegenden
weiblichenActes; dazwifchen ein Satyr und ein alter Männer-
kopf. Links fleht man die halbe Figur eines Mannes im Profil,
zu welcher {ich die Vorlage in einer Federfkizze der Alber-
tina erhalten hat. Der Mann, welchen die Zeichnung {tark
linkshin gewandt in Barett und Hemdärmeln, den Unterarm
auf eine Flache, wohl den Tifch gelegt, darftellt, iPt kein
anderer als Dürers Bruder Andreas. Die Skizze erfcheint
auf der Radierung genau im Gegenfinne; nur ilt der Kopf
weniger ftark abgewendet und mit etwas Bart verfehen. Da
die flüchtige Zeichnung mit der echten Bezeichnung von I 514
Dürer gerade zur Hand war, als er den Radierverfuch machte,
dürfte diefer wohl auch noch demfelben Jahre angehören.
Nach einer fo gelungenen Probe ftand der Anwendung
der Radierung auf Elfen und Stahl freilich nichts im Wege.
Dürer ätzte im Jahre 1515 den kleinen fitzenden Schmerzens-
mann (B. 22), fodann den grofsen Chriittis auf dem Oelberge
im Profile rechtshin knieend (B. I9). Die Zeichnung zu
Letzterem, im Gegenfinne mit der Feder entworfen und
mit einem kräftigen Pentimento am Gewande verändert,
beHndet {ich in der Albertina; desgleichen eine andere viel
günftigere Aufnahme deffelben betenden Heilands allein,
mit der gleichen fo gelungenen Draperie, mehr von vorne
gefehen; eine der edeliten Chriftustlguren von Dürer. Die
Jahreszahl 1516 tragen zwei andere Radierungen; die Ent-
führung eines nackten Weibes durch einen nackten Mann
auf einem rechtshin fprengenden, phailtaflifchen Einhorn
(B- 72); ein grofses Blatt, das wohl einen Gegenftand der
Mythologie darftellen foll ob den Raub der Proferpina
durch Pluto, wie Heller meint, bleibe dahingellellt. Die
Freiheit, mit welcher diefe Eifenplatte bereits geätzt ift,
1) C, v, Lützow machte mich auf
die Aehnlichkeit der Figur mit der
kaueruden Anatomie des Michelangelo
aufmerkfam, Schon der Eros im
South-Kenüngton-Biufeuln, eine frühe
Arbeit von Michelangelo, hat die
gleiche kauernde Stellung, Es wäre
dies die einzige Spur von einem
Einfluffe des großen F lorentiners auf
Dürer,