Volltext: Dürer (Bd. 2)

Miniaturmalerei, 
Abbildungen von Pflanzen und Blumen, deren Originalität 
{ich nicht wohl bezweifeln läfst, in der Albertina, in der 
Bremer Kunfthalle und in englifchen Sammlungen, wenn es 
auch fehr fchwer ift, die Grenzen gegen die Menge der 
falfchlich zugefchriebenen und gefälfchten Stücke fcharf zu 
ziehen. In den fpäteren Jahren werden die Studien diefer 
Art immer trockener und fteifer, als wären fie mehr um 
eines gegenfländlichen, wiffenfchaftlichen, als um eines künft- 
lerifchen Intereffes willen gemacht. 
Noch eine grofse Pergamentmalerei haben wir von 
Dürer aus dem Jahre 1516. Es ift die Madonna mit der 
Nelke in der königlichen Galerie zu Augsburg 1). Der lebens- 
grofse Kopf der Jungfrau, ein Oval von fehr regelmäfsigen 
Zügen, ifl ganz von vorne gefehen, von den Schultern ift 
nur Wenig fichtbar, das Gewand ifi roth, der Grund von 
faftigem Grün. Sie hält eine rothe Nelke, das Kind in 
weifsem Hemdchen bis auf die Bruft fichtbar, eine Birne. 
Obwohl in dem befchränkten Raume der Kopf zu grofs und 
alles zu fehr gedrängt erfcheint, mag das Bild urfprünglich 
von reizender Wirkung gewefen fein. Das blonde Haar, 
die hohle Hand der Madonna und das freundlich blickende 
Kindsköpfchen zeigen auch noch Spuren feiner, miniatur- 
artiger Ausführung. Sonft hat das Bild gar fehr durch 
Putzen gelitten. Das Pergamentblatt war fchon vor der 
Bemalung auf das Holz befeftigt, auf dem es {ich noch be- 
findet. In der Folge war es mit Oelfarbe überftrichen 
worden. Confervator Eigner hat es wieder gereinigt und 
übergangen, wodurch es einen Schein der ehemaligen Hellig- 
keit wiedererhielt. 
Eine ganz eigenthümliche Probe feiner Feinmalerei gab 
Dürer im Jahre 1510 in einem grau in grau gezeichneten 
Diptychon, deffen urfprüngliche Befiimmung nicht bekannt 
ifi; vermuthlich war es ein Hausaltärchen. Es behandelt 
l) Eine alte Copie darnach in Oel 
auf Holz früher bei Koller, jetzt bei 
Dr, Pofonyi in Wien. Vergl, Waagen, 
Kunfldenkm. von Wien I, 333.
	        
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