Volltext: Dürer (Bd. 2)

Goldfchmiedvorlagen. 
Glasmalerei. 
mittleren Jahren feines Wirkens ilnterzubringen. Was er 
da leiPcet, überfteigt fo fehr jeden Mafsftab künftlerifcher, 
ja auch nur technifcher Fertigkeit, dafs keine XVahrfcheirl- 
lichkeitsrechmmg den wahren Datierungen nahe käme, für 
deren Fixierung Dürer zum Glück meift felbft geforgt hat. 
Darunter ift fo vieles, was Zeit und Mühe koftete; Geduld- 
arbeit, die durch keinen Aufwand von Genialität auszulöfen 
War. Hier fei zunächft eines köftlichen kleinen Denkmals 
gedacht, das wir von Dürers Thätigkeit als Glasmaler be- 
fitzen. Das Täfelchen beHndet fich in der Ambrafer Samm- 
lung zu Wien 1). Darauf ift die Beweinung des Leichnams 
Chrifti durch die heiligen Frauen dargeitellt  die Leiche 
in vortrefflicher Verkürzung, der Schmerzesausclruck in den 
edlen Frauenköpfen, alles im reifen Stile der Paffionen und 
des Marienlebens auf's Feinfie in Schwarzloth mit Feder 
und Pinfel gezeichnet, die Mitteltöne zart angelegt und die 
Lichter mit der Nadelfpitze ausgehoben. In dem gothi- 
iierenden Aüwerk, welches das Bildchen nach oben abfchliefst, 
klettern zwei Engelkinder, und in der Mitte hängt das 
Täfelchen mit der Jahreszahl 1504 und dem Monogramme. 
Der zarte Halbton zwifchen dem Aftwerk ifi mit feinen 
Weifsen Linienzügen auf's Zierlichfte gemufiert. Zu der 
hergebrachten Glasmalertechilik für Kirchen verhält {ich das 
wohl nur zur Zimmerzierde beftimmte Täfelchen Dürers, 
wie eine forgfaltige Miniaturmalerei oder richtiger: Miniatur- 
zeichnung. Ein unverwüftlicher Hang zur" Gründlichkeit und 
zur Forfchung trieb eben Dürer zur äufserften Verfeinerung 
jeder ererbten Technik, wie zu immer neuen Verfuchen mit 
anderen Mitteln. 
S0 gab er die alte Miniaturmalerei in Tempera auf 
Pergament und Papier niemals auf. Doch verwendet er fle 
meift nur noch zu forgfältigen Abbildungen von Pflanzen 
und Thieren, in denen er thatfächlich mit der Natur wett- 
1) In einer fchnlalen Bleifaffung 
mifst es Meter: Höhe 0,21, Breite 
0,065; bis auf einen Sprung fehr 
wohlerhalten, Abbild. in Lithographie 
von Jof. Schönbrunner, Mittheil, der 
k. k, Centralcommiffxon VIII, 1863
	        
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