Architektur.
Erfahrung und Zollftab begründen läfst. Viele gute Mufter
xantikifcherr Baukunft bot freilich das damalige Venedig
noch nicht dar. Doch fehen wir die von lombardifchen
Bildhauern eingebürgerten Zierformen mächtig in Dürer
nachwirken. Von Zeichnungen ift hier namentlich eine
heilige Familie von I 509 im Mufeum zu Bafel zu erwähnen.
Mit der Feder entworfen und coloriert, zeigt fie das Innere
einer herrlichen, luftigen Halle mit einem, von Säulen ge-
tragenen, caffettierten Tonnengewölbe 1). Eine fehr figuren-
reiche Äusführung Chrifti zur Kreuzigung in der Albertina,
ungemein flüchtig und genial mit der Feder hingeworfen,
mit reizenden Renaiffaxicemotiven, darunter ein kleines Portal
mit Giebelflurz und {ich verjüngende Säulen von auffallend
vorgefchrittenem Charakter, dürfte aus dem Jahre 1511
itammen. Eine merkwürdige, in ihrer Art einzige Architektur-
zeichnung aus der heften Zeit Dürers befitzt Herr v. Beckerath
in Berlin. Es ift ein heiteres Project zur Bemalung eines
Haufes, auf einem grofsen Querblatte mit der Feder in
blauer Tinte entworfen. Nur zwei gothifche Tragfteine am
oberen Rande und die drei verfchiedenen Fenfteröffnungen
darunter {ind mit Biiter gezeichnet. Auf den Flächen da-
zwifchen ift leicht und luftig ein gerades Gebälk angeordnet,
das "auf Säulen mit glatten Schäften und korinthifchen Capitälen
ruht; darüber Guirlanden von Blättern, Blumen und Früchten.
In den Durchblicken fleht man links ein Weib mit einem
Kinde und einen Mann, rechts einen zwifchen den Säulen
hervorlugenden Narren angebracht in malerifch fpielender
Weife, wie fie auch Holbein bei folchen Aufgaben walten
liefs. In Ermangelung dauernder Anfchatitmg von guten
Muftern gerieth Dürer jedoch leicht in realiftifche Willkür.
Das Renaiffancekorn verwilderte fozufagen wieder in dem
nordifchen Klima. Wir erfehen dies aus dem grandiofen
Holzfchnitte, der Ehrenpforte Kaifer Maximilians von 1515
1) Eine Copie darnach, mit Feder
in Tufche gezeichnet auf braunem
Grunde und mit Gold aufgchöht, be-
{ltzt das königl. Kupferfiichcabinet zu
Dresden. Abbild. in der Gazette des
Beaux-Arts 1877. I1. S45.