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XII.
Die grofsen
Gemälde.
führung in Stein nothwenclig maffiver; drei Tragfteine auf
Voluten begegnen dem Pcärkeren Lafien des Sarkophages,
und nicht Säulen, fondern Pfeiler mit korinthifchen Capitäleil
tragen die halbrunde Bekrönung, welche den Eccehomo
zwifchen zwei Engeln umfchliefst, und von drei weiblichen
Figuren überragt wird. Dürer läfst die Holzfculpturen feines
Rahmens noch eine ganze Gefchichte erzählen. In der
Füllung des Tympanons erfcheint in Hochrelief der Heiland
als Weltenrichter zwifchen Maria und Johannes, die beiden
rund gearbeiteten Engelein an den Seiten blafen die Pofaunen
des jüngflen Tages, und darunter auf dem Fries vollzieht
{ich in kleineren, flacheren Figuren die Scheidung der Seligen
und der Verdammten, die hier in Abrahams Schoofs, dort
in den Höllenrachen wandern 1).
Was die architektonifche Compofition im Allgemeinen
anbetrifft, zeigt Dürer nicht blos die entfchiedene Abficht,
die Bahn der Renaiffance einzufchlagen; es iPt ihm die Probe
auch bereits in einer, für feine Hilfsmittel ganz erflauillichen
Weife gelungen, während z. B. das berühmte Grabmal des
heiligen Sebaldus, welches Peter Vifcher in den Jahren 1508
bis 1519 vollendete, in feiner Grundform noch gothifch ifi.
Dürer gab damit feinem Volke, wenn auch kein Beifpiel,
fo doch einen deutlichen Wink, in welcher Richtung es
fernerhin feine Baukunß weiter zu entwickeln habe. Im
i) Der dritte oberfle Engel und
die Figürchen des Friefes fehlen am
Rahmen und wurden von mir nach
der Zeichnung von 1508 ergänzt
Am Scheitel der Archivolte fand lieh
indefs noch das Loch, in welches
ohne Zweifel jenes Engelchen ver-
zapft war. Seitdem und infolge mei-
ner Unterfuchungen fanden Effenwein
und Bergau zu Regensburg im Nach-
lnffe Heideloffs auch die Reliefs des
F riefes, noch mit der alten Bemalung,
Anzeiger f. K. d. Vorzeit 1873. Sp.
312. Heideloff hat den Rahmen in
Nürnberg reßauriert, den Fries und
andere Theile, fo namentlich auch
die Hohikehie an der Archivolte der
Lunette mit dürrem, kahlen Mafswerk
verunziert und die alte Vergoldung
und Bemalung ganz afcligrau über-
Pcrichen mit Oelfarbe. So verftanden
die Romantiker ihre Ehrfurcht vor
dem deutfchen Alterthume. Der
Rahmen befindet {ich jetzt im Ger-
manifchen Milfeum zu Nürnberg. F ür
das Originalgemälde in WVien iß eine
polychrome Copie deffelben angefer-
tigt woiden.