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und
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Krankheit,
fchriftlicher
Nachlafs.
der Menfchen fein könnte. Niemand weifs das, denn Gott
alleim xwem er es offenbarte, der Wüfste es auche;
fügte er fpäter hinzu. wDie Wahrheit hält allein innen,
welches der Menfchen fchörxfie Gefialt und Mafs fein könnte
und keine anderer 1).
Das äfthetifche Urtheil erfcheint Dürer zwar bis zu
einem gewiffen Grade und ausnahmsweife als das Ergebnifs
einer befonderen Begabung, es bleibt aber fortwährend
etwas Unficheres und Subjectives; es bedarf daher des Cor-
rectives durch das Urtheil Anderer: wKeiner glaube llCh
fclbit zu viel, denn Viele merken mehr als Einer; wie wohl
das auch möglich iPc, dafs einmal Einer mehr verfieht, als
taufend Andere, fo gefchieht es doch feltem. Zweckmäßig-
keit und Ebenmafs kommen der Schönheit zu ftatten: wder
Nutzen ift ein Theil der Schönheit, darum was am Menfchen
unnütz ift, das iPc nicht fchön. Hüte dich vor Ueberflufs!
Die Vergleichung Eines gegen das Andere, das ifi fchön,
darum ift Hinken nicht fchön; es ift aber auch im Ungleichen
eine grofse Vergleichungr. Doch iPt es ganz bezeichnend
für Dürer, wie für die ganze deutfche Kunft, dafs er die
Idee der Schönheit als unfafsbar der freien Discuffion an-
heimftellt: vUeber das Schöne zu urtheilen, darüber ift zu
rathfchlagen. je nach Gefchicklichkeit mag man es in ein
jegliches Ding bringen, denn wir fehen in etlichen Fällen
ein Ding für fchön an, in einem anderen wäre es nicht
fchön. Schön und Schöner ift uns nicht leicht zu erkennen,
denn es iPc wohl möglich, dafs zwei ganz verfchiedene Bilder
gemacht werden, in jeder Hinflcht ungleich, ohne dafs wir
urtheilen können, welches fchöner fei. Die Schönheit
was das ift, das weifs ich nicht, Wiewohl fle vielen Dingen
anhängt. Wollen wir {ie in unfer Werk bringen, fo kommt
uns das gar fchwer an; müffen das weit zufammentragen
und fonderlich in der menfchlichen Geltalt durch alle Glied-
mafsen, vorn und hinten. Man durchfucht oft zwei- oder
Proportionsl.