Erasmus'
und
Melanchthons
T0dtenklage.
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er beobachtet auch vollkommen. Symmetrie und Harmonie.
Ja er weifs auch das gar nicht Darftellbare, als Feuer,
Strahlen, Gewitter, Blitz, Wetterleuchten und Nebel, wie üe
fagen, auf die Leinwand zu zaubern; alle Leidenfchaften,
die ganze aus dem Körper hervorleuchtende Seele des
Menfchen, ja faP: die Sprache felbfl. Das alles ftellt er
mit jenen fchwarzen Linien fo glücklich dem Auge dar,
dafs dem Bilde eine Unbill widerführe, wenn man es mit
Farben überginge. IP: es nicht bewundernswürdiger ohne
den buhlerifchen Reiz der Farben das zu leilten, was Apelles
mit Hilfe derfelben geleiftet hatr i)?
Ob Dürer die akademifche Lobeserhebung des berühm-
ten Gelehrten noch zu Gefichte bekommen hat, ift nicht
bekannt. Sein bald darauf erfolgtes Ableben ftempelte die-
felbe zu einer Grabrede, was f1e keineswegs hatte fein follen.
In der That machte die Nachricht vom Tode Dürers wenig
Eindruck auf Erasmus. Am 26. April beflätigt er Pirk-
heimern den Empfang eines Briefes, der ihm zu grofsem
Trolle gereicht hätte und doch war dies ohne Zweifel
der Brief mit der Trauerbotfchaft. Dann fchreibt er weiter:
vWas nützt es Dürers Tod zu beklagen, da wir ja alle
Pcerblich Ünd? Ein Denkmal ifi ihm gefetzt in meinem
Büchleim als 0b Dürer für feine Unfierblichkeit des
Rotterdanler
Nothhelfers
bedurft
hätte
Dann
erzählt
Eras-
mus gleich weiter von einem Gerüchte, das die Gelehrten
zu Bafel Lingemein erheitert habe 2). Die eilige Gleich-
giltigkeit, die aus diefen Worten fpricht, ift um fo merk-
würdiger, als lie gewifs mit der Art, wie Pirkheimer den
Tod Dürers gemeldet hatte, im fchneiclenclfien Gegenfatze
Hand. Er war durch den Verlufl des Freundes zu tief
I) Erasmus, De recta latini grze-
cique sermonis pronuntiatioxme. Ulrich
Hegner, H. Holbein S. 137. H. Grimm
a. a. O. 142-143. Zu derfelben
Zeit, aim 29. INIärz 1528, fchrieb
Erasmus an H. Botteus: Dürer por-
trätierte mich, aber ohne eine Spur
von Aehnlichkeit_
2) Quid attinet Dureri mortem de-
plorare, quum simus mortales omnes?
Epitaphium illi paratum est in libello
meo, Allatus est huc rumor, qui
mire doctos exhilaruit etc, Pirkhei-
nleri Opera. 281,