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XVI.
Reformation,
Zwietracht erwachfen mufste, und er dachte grofs genug,
um fein eigenes Selbfl dem allgemeinen Wohle unterzuordnen.
Für ihn, den Maler, lag darin mehr Ueberwindung, als für
manchen Pcarren Gelehrten, denn die Sache der KunPc lag
durch die Reformation arg darnieder. Dürer aber liefs {ich
dadurch weder in {einer mafsvollen fortfchrittlichen Auf-
faffrlng noch in dem Glauben an die hohen Aufgaben feines
künfilerifchen Berufes beirren. wUnaxlgefehen jetzt fchreibt
er 1525 in feiner Vorrede zur ßUnterweifung der Meffungß
bei uns und in unferen Zeiten die KunPc der Malerei
durch Etliche fehr verachtet wird und man fagen will, Iie
diene zur Abgötterei; wird doch ein jeglicher Chriftenmenfch
durch ein Gemälde oder Bildnifs fo wenig zu einem Aber-
glauben verleitet, als ein frommer Mann zu einem Morde
dadurch, dafs er eine Waffe an feiner Seite trägt. Das
müfste wahrlich ein unverftändiger Menfch fein, der Gemälde,
Holz oder Stein anbeten wollte. Darum bringt ein Gemälde
mehr Befferung, als Aergernifs, wenn es ehrbar, kunftvoll
und wohl gemacht ifte.
S0 mannigfach aber auch die geiftigen Vorausfetzungeil
Waren, die wir Dürer bei der Erfindung feines letzten
Gemäldes zufchreiben mufsten, wir fmd damit, glaube ich,
noch nicht zu Ende. So wie die Vier Apoftel vor uns
daftehen, erfcheinen fle doch nur wie Bruchftücke eines
gröfseren, niemals vollendeten Ganzen; es flnd ich kann
mich des Eindruckes nicht erwehren nur die beiden
InnenHügel eines rieügen Altarwerkes, deffen
Mittelbild wir Wohl niemals errathen werden.
ungemaltes
Sollte {ich
cliefe Annahme näher begründen laffen, dann wäre wohl
auch die Frage erlaubt, 0b das andere Doppelbild, Adam
und Eva von 1507, das damals noch in Dürers Werkflatt
Rand und dann ebenfalls auf das Rathhaus kam, nicht etwa
als Aufsenflügel fürderifelberi Plan hatte verwendet werden
follen. Vielleicht wollte er noch einmal die Markflieixie
zwifchen Sündenfall und Erlöfung in lbiner NVeife umfchreiben.
Das Hauptbild und Mittelflück des geplanten Altares hätte