Volltext: Dürer (Bd. 2)

Selbübekenntniffe. 
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Betrachtung feiner Bilder nicht mehr wie früher Bewunderung 
empfunden, fondern feiner Schwachheit gefeufzte. Und ähn- 
lich erinnert fich Melanchthon in einem Briefe an Hardenberg, 
von Dürer gehört zu haben, dafs er in feiner Jugend an 
der Darftellung ungeheuerlicher und ungewohnter Geitalten 
Gefallen gefunden habe; nun im Alter wäre er zwar bemüht, 
der Natur fo treu wie möglich nachzufolgen, doch die Er- 
fahrung belehre ihn, wie fchwer es fei, von der Natur nicht 
abzuweichen 1). Oefter noch kommt Melanchthon auf die 
rafllofe Selbftkritik zu fprechen, zu der fich Dürer bekannte: 
wie er fich zwar auf feine eben vollendeten Bilder viel zu 
gute gethan, dann aber, aus der Ferne der Zeit gefehen, 
hätte er {ich ihrer nur gefchämt; und was er mit dem 
gröfsten Fleifse gemacht habe, das habe ihm fchon nach 
drei Jahren fo fehr mifsfallen, dafs er es kaum ohne grofsen 
Schmerz anfehen konnte i). 
Wir haben Beifpiele genug keimen gelernt, an denen 
der unermüdliche Trieb Dürers nach Selbftverbefferung 
zu Tage trat, zum Theile folche, bei denen ein anderer Zweck 
als die Befriedigung des gebefferten eigenen Urtheiles gar 
nicht abzufehen iPc. Nur eins fei denfelben noch hinzugefügt. 
I) Epistt, ad Alb, llardenbergium, 
Bremse 158g, fol, G. 3. und Strobel 
a. a, O, Memini Dureruln pictoreln, 
qui dicebat se adolescelutem in pin- 
gendo amasse monstrosas et inusitatas 
figuras: nunc senem intueri naturam 
et conari, quantum omnino posset eam 
xnaxime imitari, sed experiendo se 
cognoscere, quam difücile sit non 
aberrare a natura. Und in den Briefen 
an Joachim Camerarius S, 303, machte 
dann Melanchthon davon auch die 
fchöne Nutzanwendung auf die Schreib- 
weife des Freundes: Propemoduln ut 
Dureri picturas, ita scripta tun. dis- 
cerno; Durerianac grandes et splen- 
didae omnes, sed posteriores minus 
rigidae et quasi blandiores fuerunf. 
Ita cum nunc copiam et splendorem 
ames et sonum grandiorem, efficies 
postea, ut quasi nonnihil remissis ü- 
dibus omtio sit etiam hilarior, qualis 
est oratio tua fere in faÄniharibus 
epistolis etc. 
2) Manlius, Loc, com, coll, Bas, 
1563, II, 22: Audivi a Durero, qui 
dicebat, se mirabiliter delectari pic- 
turis suis recens factis, postea cum 
ex intervallo temporis easdem aspi- 
ceret, earum ipsum valde pudere. Und 
dafelbfi 1I, 30x: Albertus Durerus 
szepe dicebat, quod cum pinxisset ali- 
quid, qua potuisset summa cura et 
diligentia, ac deinde post trienniunn 
idem inspiceret, nxirabiliter displiceret, 
ita ut vix sine ingenti dolore intueri 
POSSEL
	        
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