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XVI.
Reformation.
Die
Dürer hier den beiden contemplativen Geiflern, den Männern
des Beharrens, in den Mund legt. Dafür wenden {ich die
energifchen, kampfbereiten Naturen auf der anderen Seite
gegen den mächtigeren Feind, gegen die Anhänger des
Alten, gegen die fittenlofen Priefter und die meinungsffolzen
Humanifien. Dürer fügt ihnen die Worte bei:
vIn der II, Epiftel an Timotheus im 3, Capitel fchreibt S, Paulus alfo:
Das follfl; du aber wiffen, dafs in den letzten Tagen werden greuliche Zeiten
eintreten, denn es werden Menfchen fein, die von flch felbfi halten, geizig,
Rolz, hoffärtig, Läfierer, den Eltern ungehorfam, undankbar, ungeifilich, un-
freundlich, ftörrig, Schänder, unkeufch, ungütig, wild, Verrather, Frevler, auf-
geblafen, die mehr lieben die Wollufi, denn Gott, die da haben die Geberde
eines gottfeligen Wandels, aber feine Kraft verleugnen fie. Und von folchen
wende dich. Aus denfelben lind die, die Häufer durchlaufen und führen
die Weiblein gefangen, die mit Sünden beladen lind, und fahren mit
mancherlei Lüften. Lernen immerdar und können nimmer zur Erkenntnifs
der Wahrheit kommen.
Sanct Marcus fchreibt in feinem Evangelium, im I2. Capitel alfo: Und
er lehret fle und fprach zu ihnen: habt acht auf die Schriftgelehrten, Die
gehen gern in langen Kleidern und laffen {ich gern grüfsen auf dem Markte,
und fitzen gern obenan in den Schulen und über Tifch, Sie freffen der
Wittwen Häufer und wenden langes Gebet für, Diefelben werden defto
mehr Verdammnifs empfahenu,
Dafs Dürer diefe deutlichen Mahnrufe unter die Bilder
fetzte, hatte {einen befonderen Grund, denn er hatte üe zum
Vermächtnifs für feine Vaterftadt bePcimmt. Im Herbfte des
jahres I 526 überfandte er diefelben an den Rath mit einem
Schreiben, in dem er fagte, wie er fchon längft geneigt
gewefen wäre, demfelben ein xkleinwvürdigesr Gemälde zum
Andenken zu verehren, wie er dies aber wegen der Mangel-
haftigkeit feiner igeringfchätzigen Werkeq habe unterlaffen
müffen, xdieweil ich gewufst, dafs ich mit denfelben vor
Euer Weisheit nicht ganz wohl hätte beftehen können.
Nachdem ich aber diefe vergangene Zeit eine Tafel gemalt
und darauf mehr Fleifs denn auf andere Gemälde gelegt
habe, achte ich niemand würdiger, die zu einer Gedächtnifs
zu behalten, denn Euer Weisheite. Deshalb verehrt er fxe
hiermit dem Rathe, unterthänigen Fleifses bittend, derfelbe