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XVI.
Die Reformation.
Freunde Lazarus Spengler, dafs er ihn bereits 1524 weinen
ftolzen Schreiber ohne alle Ehrbarkeita nennen konnte l).
Und fo gerieth der vornehme, reiche und gelehrte Rathsherr
allmählich zur Reformation in eine Stellung, ähnlich derjenigen
des Erasmus von Rotterdam. Aus einem erfolgreichen Vor-
kämpfer derfelben ward Pirkheimer ihr ein ohnmächtiger
Gegner.
Zu vorfchnell erfcheint jedoch die Annahme, als ob
Dürer, der fchlichte Bürger, dem patrizifchen Freunde auf
diefem feinen Rückzuge unbedingt gefolgt wäre. Wohl
waren fie einander innig verbunden bis zur Unentbehrlichkeit
und bis in den Tod. Alle Welt wufste das, fo gut wie
Grapheus und Kratzer. Ulrich von Hutten zweifelte gewifs
nicht, dafs es Mufik war in Wilibalds Ohren, wenn er in
feinem Sendfchreiben an ihn vom 25. October 1518 den
Nürnbergern nachrühmte: der Apelles der neuen Zeit,
Albrecht Dürer, fei einer der Ihrigen, dem felbft die Italiener,
die fonft nichts Deutfches anerkennen wollen, nicht blos aus
freien Stücken den Vorrang einräumen, fondern dem fle
auch Wohl ihre Werke unterfchieben, um fle verkäuflich zu
macheni). Pirkheimers Neffe und Zögling Georg Geuder
grüfst brieflich aus Spanien 1526 Dürer vor allen Ver-
wandten und Cuspinian nennt ihn in einem Briefe an Pirk-
heimer deffen Achates nach dem getreuen Steuermann des
Aeneas bei Virgil
Gleichwohl würde das Verhältnifs zwifchen den beiden
Freunden arg mifsverftanden, wenn man glaubte, einer der-
felben fei in feinen Meinungen und Ueberzeugungen blos im
I) Vergl, oben Bd, I, S. 16x,
2) Böcking, Hutten I, 199: ille
nostro aevo pingendi artificio Apelles,
Albertus Dürer, quem illi, cum nihil
facile Germanum laudari apud se aut
ex invidia, qua gens illa peculiariter
laborat, aut recepta iam vulgo opi-
nione, ad omnia quae ingenio indigent,
hehetes nos esse et inerles, patiantur,
im {amen admirantur, ut non solum
ultro ei concedant, sed et quidam ut
opera. sua vendibiliora faciant, illius
sub nomine ac inscriptione proponant,
Vermuthlich eine Anfpielung auf Marc-
antons Nachßiche.
3) Pirkheilneri Opera, ed, Goldaft
398 und 257,