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XVI.
Reformation_
Die
und Gefahr flehen, denn man fchmäht uns Ketzer. Aber
Gott verleih uns feine Gnade und ftärke uns in feinem
Worte! Dazu mache uns Gott beftändig im Guten und
erleuchte unfere Gegner, die armen, elenden, blinden Leut',
auf dafs die nicht in ihrem Irrfal verderbenr! Er fchickt
Kratzer auch wzwei Angefichter vom Kupfer gedruckt. Ihr
werdet fie wohl kennem!
Es kann kaum zweifelhaft fein, welches die beiden
Bildniffe inKupferftich find, deren Abdrücke Dürer dem
Briefe beilegte. Er pflegte die Freunde mit feinen neueflen
Arbeiten zu überrafchen; und dies waren im Iahre 1524
die beiden Meifterwerke feiner Porträtkunft, das Bildnifs
des Kurfürften Friedrich des Weifen, feines älteflen Gönners
(B. 104) und das feines Freundes Wilibald Pirkheimer (B. 106),
beide in jenem Jahre vollendet. Der Kurfürft hatte ihm
vermuthlich während des letzten Reichstages zu Nürnberg
im Vorjahre gefeffen; zu der gegenfinnigen Silberftiftzeichnung
auf grundiertem Papier, die fich im Befitze des H. A.
Armand in Paris befindet 1). Diefelbe diente ohne Zweifel
als Vorlage zu dem glänzenden Stiche. NVürdiger, als es
fein Hofmaler Lucas Kranach vermochte, ift hier von Dürer
der beleibte Herr dargeftellt, in deffen Weisheit die That-
kraft fichtlich unterging. Doppelt glücklich mochte flch
der Meifter bei der Arbeit dem Fürften gegenüber fchätzen,
dem er perfönlich fchon fo viel verdankte und den er aob
der Gunfl, die er dem Worte Gottes angedeihen liefs, für
würdig hielt von aller Nachwelt verehrt zu werdena
Dafs er die gleiche Sorgfalt auch dem Bruftbilde feines
älteften Freundes Pirkheimer zuwandte, wer könnte daran
zweifeln! Dürer verewigte uns die gedrungenen, energifchen
Gefichtszüge, die grofsen klugen Augen des fröhlichen
Weltweifen von Nürnberg gerade noch, bevor fchwere
Körperleiden deffen Kraft zu beugen vermochten und bevor
x) Abbild. in Holzfchnitt in der
Gazette des Beaux Arts , I 8 79. I.
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2) llle Dei verba magna pietate
favebat, Perpetua dignus posteritate
coli. So die Infchrift des Stiches.