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XVI.
Reformation,
Die
nicht mit ihm zu compromittieren, und der dann den fo
fchwer Gekränkten noch bis in den Tod mit giftigen Hetz-
und Schmähfchriften verfolgte.
Dürers Klageruf um Luther war bekanntlich durch die
Thatfachen nicht begründet. Die Reiter, welche den in
Worms Geächteten fcheinbar feindfelig überfallen und auf-
gehoben hatten, waren befreundete fachiifche Edelleute, die
ihn nur zu feiner eigenen Sicherheit auf die Wartburg
brachten. Dort lebte er als Ritter Georg verkleidet und ver-
borgen als Galt feines Landesfürften, des Kurfürfien Friedrich
Das plötzliche Verfchwinden des Reformators machten {ich
aber nicht blos feine Gegner, fondern auch feine ftürmifcheren
und rückfichtsloferen Anhänger zu Nutzen, die bisher durch
fein Anfehen im Zaume gehalten worden waren. Mit den
wiedertäuferifch geflnnten Schwärmern aus Sachfen, den fo-
genannten wZwickauer Prophetena kam Andreas Bodenftein,
genannt Karlftadt, der mit Luther in Leipzig gegen Eck
disputiert hatte und vor Kurzem erPt von König Chrifiian II.
nach Kopenhagen berufen worden war, nach Wittenberg.
Sie glaubten die Zeit gekommen, ihre weitergehenden Pläne
durchzufetzen und brachten bald fo heillofe Verwirrung
in die dortigen Zuftände, dafs es Luthern nicht länger auf
der Wartburg litt. Erft weilte er noch verkleidet als Ritter
Georg mit vollem Barte eine Zeit lang in Wittenberg, end-
lich aber kehrte er im März 1522 offen dahin zurück, der
drohenden Unordnung zu Pceuern. Inzwifchen hatte Karlfiadt
inWittenberg heftig gegen den Coelibat und dieMeffe gepredigt,
das Mefsgewand und die Ohrenbeichte abgefchafft; ja er
hatte derart gegen die Bilderverehrung geeifert, dafs es zu
einem förmlichen Bilderfturm und zu Verbrennung von Kunit-
werken und Reliquien gekommen war. Dadurch waren werth-
volle Gemälde Dürers geradezu bedroht; denn wir wiffen," dafs
{ich unter den zahlreichen Kunftfchätzen, mit welchen der
fromme Kurfürft Friedrich die Wittenberger Schlofs-Kirche
gefchmückt hatte, eine Reihe von Gemälden aus der Werk-
Pcatt Dürers befanden, fo die Marter der Zehntaufend, der