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XVI.
Die
Reformation,
Papft mit feinem Gelde verrätherifch gegen Gott um fein
Leben bringt. Du aber wirft ihn erquicken. Und wie du
darnach, o mein Herr! verhängteft, dafs Jerufalem dafür
zerftöret ward, alfo wirft du auch diefe eigenmächtig an-
genommene Gewalt des römifchen Stuhles zerftören. Ach
Herr! gieb uns darnach das neue gefchmückte Jerufalem,
das vom Himmel herabfteigt, davon in der Apokalypfe ge-
fchrieben fteht, das heilige reine Evangelium, das nicht mit
menfchlicher Lehre verdunkelt feil Sieht doch ein Jeglicher,
der da Martin Luthers Bücher liefl, wie feine Lehre fo klar
und clurchflchtig ift, fo er das heilige Evangelium verträgt 1).
Und darum find diefelben in grofsen Ehren zu halten und
nicht zu verbrennen; es wäre denn, dafs man feine Wider-
facher, die allezeit der Wahrheit widerftreiten, auch in's
Feuer Würfe mit allen ihren Opinionen, die da aus Menfchen
Götter machen wollen; dabei aber doch fo verführe, dafs
man dann wieder neue Drucke von Luthers Büchern hättet.
Merkwürdig ift, auf welchen Ausweg Dürer fchliefslicl1
in feinem Jammer um Luther verfällt: ßO Gott! ift Luther
todt, wer wird uns hinfort das heilige Evangelium fo klar
vortragen? Ach Gott! was hätte er uns noch in IO oder
20 Jahren fchreiben können? O, Ihr frommen Chriften-
menfchen alle! helft mir fleifsig beweinen diefen von Gott
begeiflerten Menfchen, und beten, dafs er uns einen anderen
erleuchteten Mann fendel O Erasmus von Rotterdam, wo
willft du bleiben? Sieh! was vermag die ungerechte Ty-
rannei, die weltliche Gewalt, die Macht der Finfternifs?
Höre, du Ritter Chriflil reite hervor neben dem Herrn
I) in demfelben Sinne äufserte ßch
Dürer gegen Nlelanchthon über die
Schriften Luthers im Gegenfatze zu
denen anderer Theologen: "hoc in-
teresse inter Lutheri et aliorum theo-
logorum scripta, quod ipse legens in
prima pagiima tres vel quatuor perio-
dos scriptorum Lntheri, scire posset,
quid esset expectandixm in toto opere,
Et hanc esse laudem scriptorum Lu-
theri, videlicet illam perspicuitatem
et ordinem orationis. De aliis vero
dicebat, quod postquam perlegisset
totum librum, oporteret attente cogi-
tare, quid voluisset autor dicere, vel
de qua re disserata. Mzmlius, L0-
corum communium collectanea, Ba-
ßleze 1563, II. 284,