Volltext: Dürer (Bd. 2)

Klage um Luther, 
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die Menfchen, die {ie Väter nennen, erdichtet und aufgefetzt 
haben; weshalb uns das köPcliche Wort Gottes an vielen 
Orten falfchlich ausgelegt oder gar nicht vorgehalten Wird. 
Ach Gott im Himmel, erbarme dich unten! 
Und fo geht es fort im erlefenften Predigertone der 
Zeit. Die Stelle läfst uns einen tiefen Blick thun in das 
bewegte Seelenleben Dürers. Sie zeigt auch feine Belefen- 
heit in der theologifchen Litteratur, die damals an der 
Spitze der öffentlichen Meinung Hand, und feine Vertraut- 
heit mit den kirchlichen Tagesfragen. Er träumt von der 
Vereinigung aller chriftlichen Confeffionen und Heht zu 
Chriflus: vRufe die Schafe deiner Weide, die {ich noch zum 
Theil in der römifchen Kirche befinden, wieder zufammen 
mit fammt den Indianern, Moskowitern, Reuffen und 
Griechen, die durch den Druck und Geiz der Päpfte und 
durch falfche Scheinheiligkeit getrennt worden find. Ach 
Gott! erlöfe dein armes Volk, das da durch grofsen Bann 
uild durch Gebote bedrängt wird, deren es keines gern er- 
füllt, daher es flets fündigen mufs in feinem Gewiffen, wenn 
es diefelben übertritte u. f. w. 
Weiterhin bezieht fich Dürer auf den englifchen Refor- 
mator John Wicliffe, indem er von Luther fagt: wUnd wenn 
wir diefen Mann, der da klarer gefchrieben hat, als irgend 
einer, der feit 140 Jahren gelebt hat, und dem du folch' 
einen evangelifchen GeiPc gegeben hafi, verloren haben 
follen, fo bitten wir dich, o himmlifcher Vater! dafs du 
deinen heiligen Geifl wiederum Einem gabelt, der da deine 
heilige, chriftliche Kirche allenthalben Wieder verfammle, 
auf dafs wir wieder einig und chriftlich zufammenleben, und 
damit alle Ungläubigen, als da find Türken, Heiden-und 
Kalikuten, unferer guten Werke wegen von felbft zu uns 
begehren und den chriftlichen Glauben annehmen. Du willft 
aber, 0 Herr! ehe du richteft, fo wie dein Sohn Jefus Chriftus 
durch die Priefier Prerben mufste, um vom Tode zu erftehen 
und darnach gen Himmel zu fahren, dafs es gleichermafsen 
auch deinem Nachfolger Martin Luther ergehe, den der 
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