Kupferßichfolgen.
Allegorien,
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in der Ambrafer Sammlung zu Wien die colorierte Feder-
zeichnung einer lehrhaften Allegorie, die auch fonfl in der
deutfchen Malerei, namentlich bei Cranach beliebt ift; {ie
trägt die Bezeichnung von 1514. Der kleine Amor hat
eine Honigwabe aus dem Bienenßocke gefiohlen, wird dafür
von den Bienen umfchwärnit und geflochen und kömmt
darob wehklagend zu der weil's bekleideten Frau Venus
gelaufen'). Ganz unverftändlich bleiben die Entwürfe in
nackten Figuren auf zwei Federzeichnungen des Städelfchen
lnfiituts zu Frankfurt. Die eine von 1515 zeigt einen Mann
an einen Baum gefeffelt; hinter demfelben ein anderer, der
etwas vom Boden auf hebt, dann ein {lebendes Weib, ein anderes
in niedergekauerter Stellung und eine magere Alte am Stocke
fchreitend. Auf dem anderen Blatte ein junger Mann und
ein altes Weib, einen Kandelaber auf ein Poftament fetzend;
im Hintergrunde drei andere weibliche Figuren, deren eine
eine Art Weihwedel hält; die Zeichnung ift von 1516. Die
nackten Geilalten {ind mit Schwung und mit italienifcher
Freiheit hingeworfen; in ihren fefien, gefpreizten Stellungen
erinnern {ie an Luca Signorelli.
Schon aber nahen die Zeichen einer neuen Zeit. Die
kommende Kirchenreform wirft bereits fchärfer umgrenzte
Schatten in die Gemüther und unter Dürers Hand gewinnen
fxe Gefialt, bevor fie {ich noch in das gefprochene, gefchriebeime,
gedruckte Wort zu kleiden wagen. Aus der Zeit um das
Jahr 1515 etwa ftammt eine der phantaftifchefien Com-
pofitionen, die wir von Dürer kennen. Es iPc eine grofse
Federzeichnung im Mufeum der Stadt Rennes in Frankreich,
auf welcher das Treiben der böfen Geifter in der Kirche
gefchildert wird, fo recht eine Ausgeburt des
Zeitglters 2). Oben im Hintergrunde fleht man
gährenden
den Hoch-
1) Eine alte Copie darnach be-
findet Gch im Britifchen Mufeum, He
fiammt aber nicht von Dürers Hand,
ebenfowenig wie die fonderbare Unter-
fchrift ßPlatOu mit den darauf fol-
genden v1Herz-Sch1nerza-Reimen,
2) Abbildung in phototypifcher
Reduction in Dürer-Quantin, Tafel
zu 228 unter dem falfchen Titel:
wjüngßes Gerichtu.