23g XVI, Die Reformation,
keinem anderen Grunde, als weil der Kupferftich vor der
Jahreszahl den ganz unerklärten Buchftaben S führt. An
eine befiimmte Perfönlichkeit ift überhaupt nicht zu denken.
Dazu ftimmt fchon die lange Vorgefchichte der Erfindung
nicht, da ja das Studium der Reitergeftalt bereits aus dem
]ahre 1498, die Conftruction des Pferdes vermuthlich fchon
von I506 Ptammtl).
Auch darüber täufchte man {ich nicht, dafs der Stich
Dürers keines der landläufigen Todtentanzbilder fei; denn
trotz feiner Schreckbarkeit triumphiert nicht der nebenher
reitende Tod und noch weniger der hinterdreinlaufende Teufel,
fondern der Ritter, der Menfch! Dabei hätte man aber auch
die auffallend fiark angefpannten Lachmuskeln des Ritters
nicht überfehen follen; er grinft förmlich. Nur die clüftere
Umgebung, die Spukgeftalten und die fremdartige Rüftung
des Reiters mögen es verfchuldet haben, dafs man auf diefe
Mundftellung, die wie verhaltenes Lachen ausfieht, noch
nirgends Gewicht gelegt hat. Man wird aber zugeben, dafs
die Erklärung des Bildes durch das Mienenfpiel der Haupt-
figur ganz wefentlich beftimmt wird. Es ift auch keineswegs
Nachtzeit gemeint, fonit wäre nicht die Ausficht auf die
Burg hell und klar und das Stück Firmament ganz weifs
geblieben. Nur die Oertlichkeit, in der fich der Ritter eben
befindet, ift wild und fchaurig gefchildert. Unerfchrocken,
unverwandt verfolgt er aber feinen Weg durch die dunkle
Bergfchlucht, getragen vom edelften Gaul, gefolgt von feinem
treuen Hunde. Dafs ihn der Tod anglotzt, ihm die Sanduhr
hinhält, macht ihn nur fchmunzeln, dafs der drollige Teufel
hinten nach ihm fafst, fchiert ihn gar nicht er reitet
fürbafs! Alfo gerade das Gegentheil von der Tendenz der
alten Todtentanzbilder! Die Welt verkehrt fich, die Höllen-
vom Jahre 1498 ift und eine Identi-
tät der Köpfe nicht erlichtlich, bleibt
diefe Vermuthung ebenfo unhaltbar,
wie die Hellers bezüglich Sickingens,
Höchfiens könnte man daraus fchlie-
fsen, dafs Stephan Paumgärtner Dü-
rern zu jener Zeichnung zu Pferde
Modell gefeffen habe.
l) Vergl. oben Bd. I, S, 371,