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Die Niederländifche Reife.
kommen; unter diefen entfpricht ein größeres, forgfältiger
behandeltes Stück dem Fufsboden auf jenem Reifealtärchexi;
oben links noch ein von zwei Händen gehaltener Hundekopf.
Sodann führten fie ihn in die Jakobskirche, dort fah Dürer
noch köftliche Gemälde von Rogier und von Hugo van der
Goes vdas lind beide grofse Meifter gewefena. In der
Frauenkirche fah Dürer vdas Marienbild von Alabafter, das
Michelangelo von Rom gemacht hata. Es zierte die Grab-
kapelle der Familie Moscron und befindet {ich heute noch
an der Stelle, an Welcher es Dürer fah. Wenn Condivi, der
Biograph Michelangelos, ein Menfchenalter fpäter das aus-
gewanderte Marmorbild mit einem Erzguffe verwechfelte, fo
ift das ein begreiflicher Irrthum.
vDarnachc, fährt Dürer fort, ßführten fie mich in viele
Kirchen und liefsen mich alle guten Gemälde fehen, an
denen ein Ueberflufs da ift, und nachdem ich des Johannes
und der Anderen Werke alle gefehen hatte, kamen wir
zuletzt in die Malerkapelle, wo gute Sachen darinnen flnClG.
Es iPc merkwürdig, dafs Dürer neben Jan van Eyck auch
nicht mit einem Worte Hans Memlings gedenkt, deffen
Hauptwerke im Hofpital von St. Johann er doch auch ge-
fehen haben mufs. Es ilt um fo auffallender, als wir ein
Linverfängliches Zeugnifs feiner Bewunderung befitzen in
einem Blatte feines Skizzenbuches, jetzt in der Kunfthalle
zu Bremen. Darauf erfcheint ein Frauenkopf, ganz von
vorne gefehen, abwärts blickend, der Typus einer Mem-
lingTchen Madonna, aus einem von deffen Gemälden ent-
lehnt, ja wie mir fcheinen will, geradezu aus dem Mittel-
bilde jenes einzig mit dem vollen Namen Memlings und mit
der Jahreszahl 1479 bezeichneten Altärchens im Johannes-
fpital, der Anbetung der heil. drei Könige. Rechts daneben
in kleinerem Mafsftabe die Seitenanficht einer Frau, eine
Trachtenftudie, vermuthlich auch aus einem Gemälde; auf
der Rückfeite des Querblattes ein grofser Mörfer, wie ein
Feltungsgefchütz in der Lafette. Von den Kunftfchätzen,
welche Dürer in der Kapelle der vereinigten lVIaler-, Sattler-