Das Reifetagebuch.
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So kommen fie denn nach Köln, wo Dürer von feinem
Vetter, dem Goldfchmiede Niklas, empfangen und von dem
Augsburger Kaufherrn Hieronymus Fugger ausgezeichnet
wird. Von Köln wird dann die Reife zu Wagen fortgefetzt
über Sittard und Stockhem. Am 2. Auguft 1520 kommt
Dürer in Antwerpen an, das er mit dem damals in Ober-
deutfchland gebräuchlichen Namen Antorf nennt. Welchen
Eindruck das rege Treiben in der grofsen Handelsftadt auf
Dürer machte, und wie gefchickt er das Bild davon feft-
zuhalten wufste, zeigt die Anficht des Landungsplatzes beim
Scheldethor, eine Flüchtige Federzeichnung in der Albertina,
die wir im verkleinerten Mafsftabe hier wiedergeben. Ueber
die letzten Etappen der Reife, wie über die fpäteren Kreuz-
und Querzüge Dürers in den Niederlanden giebt die bei.-
liegende Reifekarte genaueren Auffchlufs.
Wir find über diefe Reife Dürers ausnahmsweifc gut
unterrichtet, weil fich fein Reifetagebuch noch erhalten hat.
ift die koftbarfte Quellenfchrift zur Gefchichte Dürers,
wie zur Beleuchtung der allgemeinen Kunft- und Cultur-
zuftände feiner Zeit. Die erfte unvollltändige Ausgabe davon
veranfialtete v. Murr in feinem Journal 1779, eine zweite,
etwas genauere und, wie es fcheint, vollftändige Campe in
feinen Reliquien 1828. Ueber die Urfchrift des Tagebuches
fehlt es an jeglicher Nachricht. Vermuthlich verbirgt fich
diefelbe in einem der Nürnberger Familienarchive 1). Wir
I) H, A, von Derfchau erzählte
zwar dem Reifenden Th. Fr. Dibdin,
A biographical tour in France and
Germany 1821, III. Supplem. 33:
er habe ein Tagebuch Dürers be-
feffen, und daffelbe fei an einem un-
genannten Orte während einer Schlacht
zwifchen F ranzofen und Preufsen ver-
brannt, Ob darunter das Original
des niederländifchen Tagebuchs zu
verliehen fei, iPc mehr als zweifelhaft.
Die ganze Gefchichte klingt unglaub-
lich. Derfchau befafs nur die alte,
vom Maler], Hauer 1620 angefer-
tigte Abfchrift aus der Ebneffchen
Bibliothek, die bereits Murr und dann
Campe für feine Reliquien 1828 als
Vorlage gedient hat, Diefe einzige
bekannte Handfchrift kam mit Hel-
lers Nachlafs in die k. Bibliothek zu
"Bamberg, war aber dort verfchollen.
bis Friedr. Leitfchuh Iie im Jahre
1879 wieder entdeckte. Er beabflchtigf
eine Publication derfelben. Darüber
G. Kinkel: Die Haudfchrift von
Diirers niederländifchem Tagebuch;