Volltext: Dürer (Bd. 2)

164 
XIV. 
den 
des Kailers. 
Dienfien 
das in allegorifchen GePcalten die Wirkungen der Verläum- 
dung darflellte. Der geniale Florentiner Leon Battifla 
Alberti {teilte daffelbe fchon in feiner 1435 gefchriebenen 
Schrift über die Malereil) als Mufter hin. Infolge deffen 
wohl verfuchten {ich {o viele Meifter der Renaiffance in 
diefer Compofition, als Sandro Botticelli, Girolamo Mocetto, 
Raphael, Ambrofius Holbein, Rembrandt u. A32). Dielen 
reiht {ich auch Dürer mit {einem Entwurfe für den Rath- 
hausfaal an. Derfelbe iPc uns noch in einer Federzeichnung 
aus dem Jahre 1522 in der Albertina erhalten. Wir geben 
davon ein Faciimile in verkleinertem Mafsflabe. Von einer 
fremden Hand, vermuthlich der Wilibald Pirkheimers, lind 
Namen und Bedeutung der einzelnen Figuren deutfch und 
lateinifch der Zeichnung beigefchrieben. Dies erleichtert 
das Yerfländnifs der von Lucians Befchreibung etwas ab- 
weichenden Cornpoiition 3). 
Mit langen Ohren, v die für Midas Ohren gelten könnten a, 
lltZlI der unfähige Richter da; in's linke Hüftert ihm die 
Suspicio (der Argwohn), zu feiner Rechten Pceht die Unwiffen- 
heit (Ignorantia), die durch ihre abwehrende Bewegung 
deutlich ausdrückt, dal's ihr bereits alles klar fei. Auf den 
1) De Plctura. Bafxl, 1540, lib, 111. 
2) Von Kritik hier abgefehen, be- 
finden {ich zwei Federzeichnungen, 
die eine angeblich von Mantegna, 
richtiger die Vorlage zu Mocettos 
Stich, vielleicht von Francesco Bon- 
signori, die andere von Rembrandt 
im Britifchen Mufenm; die lavierte 
Bifierzeichmzng Raphaels aus dem 
Cabinet Crozat im Louvre, radiert in 
Clairobscur von Ch. N. Cochin und 
V. Le Sueur, radiert von Denen; 
geil. von Leroy. Girolamo Mocettos 
Stich bei Bartfch P, G. X111. 113. 
Nr. I0. Amb. Holbeins Holzfchnitt 
bei Paffavant P, G. III. 422, Nr, I, 
Ein l-Iolzfchnitt angeblich von Erhard 
Schön in Derfchaus Sammlung. Ein 
Wandgemälde von Hans Bock im 
Rathhaufe zu Bafel. A1n meiflen be- 
kannt ifl wohl das berühmte, kleine 
Gemälde von Sandro Botticelli in den 
Uflizien zu Florenz, Die Vergleichung 
diefer verfchiedenen Auffaffungen ift 
eben fo anziehend als lehrreich, 
3) Auf dem Wändgemälde lind die 
Figuren faft mit den gleichen latei- 
nifchen Namen bezeichnet. Ueberdies 
lieft man zu beiden Seiten des Richter- 
fhlhles den Spruch: 
nEin Richter foll kein Urthel geben, 
Er foll die Sach' erforfchen ebenu 
nebft der Ueberfetzung: vNemo un- 
quam sententiam ferat, priusquam 
cuncta ad amussim perpenderem,
	        
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