Kupferßiche.
Holzfchnitte.
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gleichen nicht wieder gemacht. Die treue, auf {ich be-
fchränkte Wahrhaftigkeit, die diefen Darftellungen zu Grunde
liegt, mufste vollends bei einem Genrebildchen zur Geltung
kommen, wie die Marktbauern von 1519 (B. S9). Der
Bauer und die Bäuerin, die ihre Eier und Hühner ausbieten,
lind köftliche Typen der ländlichen Einfalt und des derben
Humors, die in der deutfchhiederländifchen Malerei noch
eine fo grofse Rolle fpielen follten.
Der ungünftige Eindruck der gemalten und geitochenen
Marienbilder Dürers aus jenen Jahren beruht nicht auf
Stumpfheit des Gefühles, wohl aber in einer gewiffen Haft
und Ungeduld, welche ihm das Studium und das Verweilen
bei einer minutiöfen Technik verleidete. Durch das an-
haltende Zeichnen für den Holzfchnitt war er eines breiteren
Vortrages, eines rafchen Weitereilens gewöhnt. Die zarteren
Stimmungen einer Erfindung verflüchtigten bei einer lang-
wierigen Ausführung. Dafs diefelben im erfien Entwürfe
mächtig walteten, zeigen verfchiedene Zeichnungen von
Madonnen aus jener Zeit, wie z. B. die grofse Federzeich-
nung einer in der Landfchaft litzenden Maria mit einem
Geige fpielenden und flngenden Engel zu ihren F üfsen von
I 519 in Windfor Caftle. ja die reizvollfte Compoütion diefer
Art unter Dürers Holzfchnitten fallt gerade in das Jahr I 518.
Es ift die Maria, von vielen Engeln verehrt (B. IOI). Das
Chriftuskind auf einem Kiffen Pcehend, den Arm um den
Hals der Mutter gefchlungen, erfreut fich an dem neckifchen
Treiben der Kinderengel zu ihren Füfsen; grofse Engel in
faltigen Gewändern bringen ihm fchüchtern Trauben dar
oder muficieren; zwei halten oben fchwebend eine grofse
Krone und über ihnen noch erfcheinen Seraphim. Die
reiche, anmuthige Compofition zeigt, welchen Auffchwung
des Gemüthes Dürer noch immer der duftigften Schilderung
zu widmen vermochte. Der Holzfchnitt war eben damals
fein Element; die Zeichnung dafür war ihm durch die um-
faffenden Aufträge des Kaifers zum geläufigften Ausdrucks-
mittel feiner kÜIIPElCTlfChCII Gedanken geworden.