Volltext: Dürer (Bd. 2)

Gebetbuche, 
zum 
Randzeichnungen 
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Affen, kriechen die Schnecken, fummen die Mücken und 
hängen an Schnüren Wappenfchilde und Wildpret und 
Trommeln, Flöten und Geigen. Es ift der letzte geniale 
Ausklang des uralten, nordifchen und altgermanifchen Orna- 
mentieruilgsprincipes, das auf den älteften deutfchen Gräber- 
funden und in den Bandverfchlingungen der irifchen Minia- 
turen {ich geltend macht. Nur iPc der moderne Naturfilm 
bereits durchgedrungen; der heimifche Baumwuchs mit 
Blattwerk von Reben, DiPceln, Rofen und Eichen bildet das 
Gerüfte; die unholden Lindwürmer und Fabelthiere müffen 
mehr und mehr den heiteren Thierbildern aus der Wirk- 
auch 
lichkeit Platz machen. Nur ausnahmsweife treten auch 
Säulen oder antike Ziergliecler dazwifchen. 
Für Dürer und für die deutfche Kunfi {ind die Rand- 
Verzierungen im Gebetbuche des Kaifers genau fo charak- 
teriftifch, wie die gleichzeitig erfundenen Ornamente der 
Loggien im päpftlichen Palafte für Raphael und für die 
Italiener. Darum find auch Dürers Zeichnungen kein blofses 
Spiel der Phantafie mit bedeutungslofen Formen. In ihnen 
liegt vielmehr auch ein reicher gedanklicher Inhalt; {ie ftehen 
mit dem Texte, den He begleiten, fortwährend in {innigen 
Beziehungen und verhalten {ich zu demfelben theils als 
Illuftration, theils als vieldeutige Anfpielung, theils auch 
wohl als kecke Parodie. Neben den Gebeten an die Heiligen 
Barbara, Sebaflian, Georg  m. ftehen deren Figuren. 
Neben der Betrachtung über die eigene Gebrechlichkeit 
fchreitet der Arzt und blickt prüfend durch die Urinflafche. 
Das Gebet zum Trotte in der Todesfiunde begleitet die 
Darftellung des Todes, wie er einem Ritter erfcheint, der 
entfetzt an den Schwertgriff fafst, in den Lüften darüber 
der Falke, auf den Reiher ftofsend. ßPro benefactoribus 
interpellatior zeigt den reichen Bürger, der dem heifchenden 
Bettler ein Almofen reicht. An der Spitze des Pfalters 
kniet in hergebrachter Weife König David, die Harfe fpielend; 
ein Storch wendet wie aufmerkfam zuhörend den Kopf nach 
ihm empor. Unter dem Pfalme wContra potentesx ficht 
Thaufing, Dürer. n. 9
	        
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