XII.
Gemälde.
Die grofsen
dem reichen Leben aber, welches in der venetianifchen
Malerei herrfchte, mochte er den Muth fchöpfen, um auch
unter den veränderten Verhältniffen daheim feine ganze
Kraft noch an einige gröfsere Tafelgemälde zu fetzen. Auf
die Anbetung der heil. drei Könige von 1504 und das
Rofenkranzfeft von 1506 folgten nun Adam und Eva von
1507, die Marter der Zehntaufend von 1508, die Himmel-
fahrt Mariae von 1509 und das Allerheiligenbild von 1511.
Nur auf der Höhe feiner Kraft fchuf Dürer diefe kleine
Reihe von Hauptbildern, die fich durch Idee, Compofition
und eigenhändige Ausführung auszeichnen. Wie Schiller zu
einer Tragödie, fo bedurfte Dürer aber auch eines ganzen
Jahres, um ein gröfseres Gemälde zu feiner Befriedigung
zu vollenden.
Zunächfl befchäftigte ihn wieder das Problem der
menfchlichen Anatomie. Seit der Vollendung feines Kupfer-
fiiches, Adam und Eva, im Jahre 1504 hatte er in Venedig
beffere Gelegenheit gefunden, den nackten Menfchen zu
ftudieren. Insbefondere für den weiblichen Körperbau boten
fich ihm dafelbfl fchönere Modelle. Dürer zeichnete ein folches,
in ganzer Figur von rückwärts gefehen in der ausgeftreckten
Linken die Kappe des Malers haltend, in der gewohnten,
venetianifchen Art mit dem Pinfel auf das blaue Ankerpapier.
Der Hintergrund ift dunkel angelegt. Der Act zeigt fehr
gute Verhältniffe. B. Hausmann erwarb die mit 1506 echt
bezeichnete Studie von Böhm in Wien. Der vorgefetzte
rechte Fufs und der ausgefireckte Arm laffen vermuthen,
dafs Dürer dabei bereits an die lebensgrofse Eva feines
Gemäldes dachte. Mehrere eigentliche Studien zu diefer
Eva theils auch in Clairobfcur, theils in Federzeichnung aus
den Jahren 1506 und 1507 befinden fich in London, im
Britifchen Mufeuml). lnsbefondere wiederholte Dürer den
linken Arm mit dem Apfel; ein folcher ift auch im Befitze
des H. Alfred von Franck in Graz, datiert von 1507 auf
Waagen ,
Treasures
of Art.
233.
Hausmann
Nr. 15511-156-