Volltext: Dürer (Bd. 1)

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Michel 
Wolgemut, 
keit der Figuren ift ftets von der Rückficht auf das technifch 
Mögliche geleitet. Die Ausführung im Schnitte ift zwar 
fehr ungleich, theils unbeholfen, theils vollendet, je nach- 
dem die verfchiedenen F ormfchneider bereits zu einer höheren 
künftlerifchen Ausbildung gelangt waren oder nicht. Was 
der Meifter anftrebte, zeigen uns fo gelungene Blätter wie 
gleich das erfte: Gott Vater auf dem Throne fitzend und 
den vor ihm knieenden Heiland fegnend. Die Figuren find 
gefchickt in die gegebenen Räume eingeordnet; eine emfig 
durchgebildete Gewandung erhöht ihre Würde, und wenige 
kleine Striche in den Gefichtern genügen, um denfelben 
Ausdruck und Mienenfpiel zu verleihen. Die Darfiellung 
wagt fich an alles, und doch ifi dem noch ungefchulten 
Schneidemeffer nicht zu viel zugemuthet. So fehr auch die 
Formen der Dinge vereinfacht find, immer noch giebt das, 
was von der Zeichnung ftehen bleibt, ein deutliches Bild 
von der Abiicht des Meifiers. Die Holzfchnitte des nSChHtZ- 
behaltersa find durchweg ohne eine befcimmte Bezeichnung. 
Gleichwohl wird das grofse verzierte W auf dem Banner 
in der reizenden Darftellung vom Einzuge Iephtas, der neun- 
zehnten Figur, wie fchon Paffavant annimmt, nicht anders 
als auf Wolgemuts Namen zu deuten fein; einen gleichen 
Sinn möchte auf der achtzigften Figur das Fähnlein mit dem 
W zwifchen den zwei andern haben, die je mit dem erften 
und dem letzten Buchftaben des Alphabetes geziert find 1). 
Der Beifall, den zweifelsohne die Bildwerke des ßSchatz- 
behaltersr ernteten, konnte die Herrn Sebald Schreyer und 
Sebafiian Cammermeifter leicht bewegen, noch im felben 
Jahre, am 29. December 1491, mit Michel Wolgemut und 
feinem Stieffohne Wilhelm Pleydenwurff einen Vertrag über 
ein anderes grofes Unternehmen abzufchliefsen, nämlich über 
die Veröffentlichung der illuflzrierten Ausgabe von Dr. Hart- 
I) Daffelbe gilt vielleicht von dem 
Wimpel auf dem Zelte der Fig. 58, 
nur erfcheint der Buchßabe dort vom 
Holzfchneider verßümmelt, wie dies 
auch fonß bei Infchriften der Fall Hi, 
z. B. bei dem AVE MARIA GRA  
auf Fig, 64.
	        
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