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Familie.
Die
Malers folgt, der nun erft fein Meifter werden follte. Ein
Blick auf den oben befchriebenen Situationsplan der Häufer
in der Strafse ßUnter der Veftenr ertheilt uns die befle
Auskunft. Dürer mochte ausgehen oder heimkommen, er
mufste an dem benachbarten Haufe Wolgemuts vorbei;
deffen Malerknaben waren wohl feine gewöhnlichen Gefpielen,
und mehr als einmal mag ihn die Neugierde in die reichlich
mit Aufträgen gefegnete erfte Malerwerkftatt von Nürnberg
gelockt haben. Und befuchte das Kind, was wohl häufig
gefchah, feinen weiter unten wohnenden Pathen, den reichen
Buchdrucker Koburger, dann konnte er wohl auch fehen,
wie die von deffen Gefchaftsfreunde Wolgemut gezeichneten
Holzftöcke abgedruckt wurden. Ohne Zweifel ging fo der
Knabe frühzeitig bei W olgemut aus und ein, und bald mufste
diefer an feiner glücklichen Hand Gefallen finden. Als er
dann den Vater anlag ihn Maler werden zu laffen, da konnte
die Wahl des Meiiters nicht mehr fraglich fein, fie war bereits
getroffen. Es kann nur auf einem Irrthume beruhen, wenn
Chriftoph Scheurl in feiner 1515 gedruckten Lobrede auf
Anton Krefs und nach ihm Neudörffer berichtet, der alte
Dürer hatte daran gedacht, das Söhnchen anderwärts, und
zwar nach Colmar zu Martin Schongauer in die Lehre zu
geben l). Fügte {ich der bedächtige Vater fchliefslich auch,
vielleicht nicht ohne F ürfpraclue von Nachbar und Gevatter,
dem Wunfche feines Lieblings, die väterliche Goldfchmiede-
werkftatt mit der des Malers zu vertaufchen; in weitaus-
fehende Pläne, die auch entfprechende Opfer gekoftet hätten,
würde er fich wohl nie eingelaffen haben. Und dazu hatte
es auch keine Noth. Meifter Wolgemut Hand damals in
der Blüthe feiner mannigfachen Kunftthätigkeit, er war ein
geachteter wohlhabender Mann, deffen guter Ruf als Künftler
nicht blofs auf die Mauern der Vaterftadt befchränkt war;
von nah und fern kamen grofse Aufträge an ihn. Wir
I) Vergl. Schnaafe, Mittheilungen
der k, k, Centralconlmifüon, Wien
VIII,
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