Familie,
Die
zwar in Deutfchland auch Goldfchmiede mit der Heritellung
von Platten zum Zwecke des Abdrucks befchäftigt, ihre
Leiftungen blieben aber, im Gegenfatze zu den italienifchen
Goldfchmiedearbeiten, ftets untergeordneter Art, und die
fehr roh gezeichneten Blätter des Israel van Mecken be-
zeichnen den Höhepunkt deffen, was ein blofser Goldfchmied
als Kupferftecher zu leiften vermochte. Dabei fmd die
befferen Stiche Meckens nie Originale, fondern meift ver-
derbte Copien befferer Vorbilder. Der erfindende Künftler
ift in Deutfchland immer der Maler und diefer liefert
dem Goldfchmiede feine Vorlagen, wie es ja felbft Dürer
und Holbein gethan haben. Darum verfteht auch Dürer
den Begriff der Malerei fo, dafs er alles urnfafst, was wir
heute zeichnende Künfte nennen würden, indem er fagt:
wItem Malen ift das, dafs einer von allen. Dingen eines,
welches er will, wiffe auf ein eben' Ding zu machen, fie
feyen wie fie wollenr Vom Materiale der Ausführung
völlig abfehend, erklärt er die Umfetzung einer räumlichen
Erfcheinung in ein Flächenbild als die Aufgabe der Malerei.
So genau wie in Italien wurde es damals im Norden mit
der Vorbildung eines Goldfchmiedes eben nicht genommen.
Im Gegentheile müffen wir annehmen, dafs Dürers erfte
Verfuche im Zeichnen keineswegs den Arbeitsftunden der
Goldfchmiedewerkfratt ihre Entftehung verdankten und unter
den Augen des ftrengen Vaters ausgeführt wurden. Sie
erfcheinen vielmehr als Früchte einer vielleicht gar ver-
pönten Nebenbefchäftigung, ja wir befitzen fogar ein aus-
drückliches Zeugnifs über die näheren Umfiände, unter denen
fie entflanden. Im Britifchen Mufeum befindet {ich die
Skizze einer Pcehenden Frau, die einen Vogel, einen Falken,
auf der Hand hält," in einer feltfamen burgundifchen, fpitz
zugehenden Haube mit herabhängendem Schleier auf ge-
röthetem Papier leicht mit Kreide ausgeführt. Dabei fleht,
offenbar von der Hand eines ehemaligen Gefpielen des
1) Jahrbücher
Kunftw. I